Neulich haben wir in unserem kommunistischen Filmklub in Genf Afrique 50 von René Vautier gezeigt – einer der ersten antikolonialen Filme, der über 40 Jahre lang verboten war. Denn der Film war das Gegenteil von dem, was die ligue de l’enseignement française (französischer Dachverband für Bildung) wollte, als sie Vautier 1950 bat, nach Afrika zu reisen, um einen Dokumentarfilm über das dortige Leben zu drehen. 

Der Verband wollte einen Film, der die Kolonialisierung Afrikas verherrlicht und als zivilisierend darstellt. Vautier reiste nach Westafrika. Was er dort vorfand, entsprach jedoch nicht den in Frankreich erzählten Märchen, sondern der brutalen Realität: Die Afrikaner schufteten lange Arbeitstage unter schrecklichen Bedingungen. Die Früchte davon ernteten nicht sie, sondern französische Banken und Monopole. Dörfer, die sich weigerten oder nicht fähig waren, Steuern an die französische Kolonialverwaltung zu zahlen, wurden dem Erdboden gleichgemacht. Ihre Dorfbewohner wurden hingerichtet, darunter schwangere Frauen und Kleinkinder.

Eingesperrt, weil Wahrheit gezeigt

Entsetzt darüber, was er beobachtet, beschliesst Vautier, genau das zu tun, was ihm aufgetragen wurde: Er dokumentiert das wirkliche Leben in Afrika. Nicht um den Kolonialismus zu rechtfertigen, sondern um ihn zu entlarven. Dafür wird er von den lokalen Behörden verfolgt und kurzzeitig inhaftiert. Die Einheimischen beschützen ihn und erzwingen mit einem Protest seine Freilassung. 

Als Vautier Afrika verlässt, sollten seine Filme und Spulen beschlagnahmt werden. Seine Filmausrüstung wurde jedoch zuvor ins Ausland geschmuggelt, wodurch glücklicherweise kein Videomaterial verloren ging. In Frankreich begeht er den Fehler, dem französischen Dachverband für Bildung sein entwickeltes Material zur Verfügung zu stellen. Die Polizei konfisziert es. Auf illegalen Wegen gelingt es Vautier, einen Drittel der zur Vernichtung vorgesehenen Filmrollen zu retten. Aus diesem Grund ist der Film auch nur 17 Minuten lang. Die französische Justiz steckt Vautier ein Jahr lang ins Gefängnis – unter dem Vorwand (offiziell: Dekret), dass das Filmen schwarzafrikanischer Gebiete ohne Aufsicht verboten sei. 

Ohne die Hilfe der Unterdrückten und den aufrichtigen Willen Vautiers, die Wahrheit über die Verbrechen des westlichen Imperialismus aufzudecken, wäre dieser Film nie zustande gekommen.

Die Stimme einer ganzen Generation

Afrique 50 ist ein Spiegelbild der Prozesse, die aus den Tiefen der damaligen Gesellschaft hervorgehen. Während Vautier die Überausbeutung der Afrikaner und die Verbrechen der französischen Kolonialherren anprangert, klingt durch seine Stimme das Erwachen einer ganzen Generation, für die dieser Film geschaffen wurde – einer Generation, die die illegale Vorführungen des Films verteidigte, selbst wenn Soldaten geschickt wurden, um sie zu unterbinden. Eine Generation, die durch Afrique 50 eine Stimme bekam und den Kampf gegen den Imperialismus und seine Verbrechen in Afrika und Südostasien erklärte.

Heute ist der Film mindestens so bedeutsam wie damals. Obwohl alle Länder, in denen «Afrique 50» gedreht wurde, formell die Unabhängigkeit erlangt haben, treiben die imperialistischen Geier um ihrer Profite willen weiterhin ihr Unwesen. Heute wie damals macht der Imperialismus das Leben für Millionen von Menschen unerträglich. Doch es bereiten sich Hunderttausende junger Menschen darauf vor, den Kampf gegen ihn aufzunehmen, um der barbarischen Ausbeutung und Unterdrückung Afrikas ein Ende zu setzen. Afrique 50 bleibt daher ein wichtiges Werk für jeden, der die Lügen der Völkermörder entlarven und ihre Herrschaft stürzen will. 


Nicht mit uns

Ihr Herrscher, Schlächter dieser Welt

die ihr zermalmt, zerbombt, entstellt,

Die ihr «mehr Krieg, mehr Bomben» ruft,

An den Unis lügt, in Medien hetzt,

Verpestet unsre Köpfe, unsre Luft,

bietet kein morgen, und uns kein jetzt.

Ihr, die um uns zu spalten für euer Geld

die Frau an Mann und Haushalt kettet.

Ihr, die Spitäler opfert und Banken rettet,

Ihr Herrscher dieser Welt

Denkt ihr euch echt, eure Scheisse hält ewig –

Sklave und Knecht, für immer im Käfig?

Nicht mit uns!

Wir reissen nieder eure Kerker

Auf dass der Sklaven Freiheit lebe,

denn vereinigt sind wir stärker

als jeder eurer Gitterstäbe

Als jede Lüge eurer Presse,

als alle eurer Bullen Keulen,

als jede Religion und Messe,

als alle eurer Herrschaft Säulen.

Wisset, ihr Bonzen, Bullen, Bänker:

Eure Macht an uns zerschellt,

Wir sind euer Herrschaft Henker

und kommen jetzt empor geschnellt

Auf den Trümmern eurer Welt,

Läuten wir wahres Leben ein,

Auf den Trümmern eurer Welt,

werden wir endlich Menschen sein.

Gedicht von Flo Trummer, Zürich