Fragt man nach der letzten Erhöhungswelle, muss man gar nicht so weit in die Vergangenheit reisen: In Basel fand die letzte Erhöhung im Jahr 2013 statt. Damals wurden die Gebühren von 700 auf 850 CHF erhöht. Aber nicht nur in Basel, auch an anderen Unis wurden die Studiengebühren in den letzten Jahren munter erhöht. In Zürich stiegen die Studiengebühren 2012 um 80 CHF auf 720 CHF, auch an den Fachhochschulen wurden sie daran angeglichen. Das war die erste Erhöhung seit 1994. An der Uni Bern wurden die Gebühren im Frühjahr 2012 ebenfalls um 150 CHF erhöht. Dazu kam 2015 die Verdoppelung der Gebühren für Langzeitstudierende ohne Abschluss.
Jetzt steht bereits die nächste Erhöhungswelle an: Praktisch gleichzeitig haben die Unis Basel und Fribourg, sowie ETH und die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) die Erhöhung der Studiengebühren angekündigt. In Bern wird über eine Gebührenerhöhung für ausländische Studierende debattiert. Aber auch im Aargau bahnt sich eine massive Verschlechterung an: Geht es nach den Bürgerlichen, sollen künftig 1/3 der Stipendien nur noch als Darlehen vergeben werden, die nach Abschluss zurückbezahlt werden müssen.
Wieso die Erhöhungen?
Die aktuellen Erhöhungen müssen klar als Teil der allgemeinen Austeritätspolitik betrachtet werden. Wohin man blickt, wird abgebaut – sei dies in der Bildung, im Gesundheitsbereich oder bei den Sozialversicherungen. Man könnte sich dennoch fragen: Was bringen diese Erhöhungen? Schliesslich machen die Studiengebühren nur ca 2-5% des Universitätsbudgets aus und tragen daher kaum etwas zu den „Sparmassnahmen“ bei. Betrachtet man aber nicht nur die aktuellen Erhöhungen, sondern auch diejenigen der letzten Jahre, so sieht man schnell: Die häppchenweisen Erhöhungen, die alle paar Jahre anstehen, summieren sich auf. Durchschnittlich wurden die Studiengebühren seit 1991 verdoppelt bzw. für ausländische Studierende sogar verdreifacht. Dennoch ist der Anteil der Gebühren immer noch verschwindend gering; ein substantieller Beitrag zu den Abbaumassnahmen stellen sie nicht dar. Sie dienen aber durchaus dazu, den steigenden Aufwand der Universität pro Studierenden an diese selbst abzuwälzen.
Die Abbaumassnahmen an den Unis sind oft verbunden mit der Kürzung der kantonalen Beiträge für die Unis. Diese Kürzungen, wie sie in Bern, Basel und Fribourg geplant sind, bieten auch eine willkommene Gelegenheit für die KapitalistInnen, ihren direkten Einfluss an Universitäten auszubauen. Bereits heute beträgt der Drittmittelanteil (d.h. private Mittel, z.B. Fonds für Forschungsprojekte) zwischen 12 und 27%. Werden die öffentlichen Gelder gekürzt, steigt der Druck, das fehlende Geld durch Drittmittel einzutreiben. Das bedeutet, dass Unternehmen direkt mitbestimmen, welche ProfessorInnen berufen werden, wozu geforscht wird und welche Studienresultate überhaupt publiziert werden.
Angriff auf die ArbeiterInnen
Die Studiengebühren sind Teil der Austeritätspolitik auf Kosten der ArbeiterInnen, genauso wie die Kürzungen im Gesundheitsbereich, im ÖV und an Schulen. Denn die Gebührenerhöhungen treffen gerade Studierende, deren Eltern nicht selbst AkademikerInnen sind und dementsprechend kaum in der Lage sind, die Ausbildung ihrer Kinder zu finanzieren. Bereits heute haben 65% der Universitätsstudierenden Eltern mit einem hohen Bildungsgrad und diese besitzen bei 54% hohen sozioökonomischen Status. Oder kurz: Eine Mehrheit der Studierenden sind nicht Kinder von ArbeiterInnen, sondern stammen aus der oberen Mittelschicht. Gerade die Erhöhung der Gebühren verstärkt diese soziale Selektion: Studieren kann nur noch jemand, dessen Eltern ein genügend grosses Portemonnaie haben. Für eine Mehrheit wird das Studium mehr und mehr zum unbezahlbaren Luxus.
Strategie der Unis
Um die Erhöhungen zu verkaufen und den Widerstand der Studierenden gering zu halten, setzen die Universitäten auf einander sich ähnelnde Strategien: So argumentieren die Unis jeweils damit, dass man je selbst mit den Erhöhungen immer noch im Gebührendurchschnitt aller Universitäten liege.
Die Uni Basel bot anfangs Semester zwei Alternativen an: Entweder eine allgemeine Erhöhung um 100 CHF für alle Studierende oder die Verdoppelung der Gebühren für ausländische Studierende. Damit hofft sie wohl, eine Spaltung der Studierenden aufgrund ihrer Herkunft zu erreichen, spekuliert aber wohl auch darauf, die allgemeine Erhöhung schlussendlich als “kleineres Übel“ durchbringen zu können. Auch auf das Pferd der rassistischen Spaltung setzt die Universität Bern. Im Zuge des kantonalen 185-Millionen-Abbaupakets schlägt sie die Erhöhung der Gebühren für ausländische Studierende vor.
Der ETH-Rat präsentiert dagegen die häppchenweise Erhöhung. Die Gebühren sollen jeweils auf das Herbstsemester 2019/2020 und 2020/2021 um je 250 CHF pro Jahr angehoben werden. So können sie damit rechnen, dass sich die heutigen Studierenden nur wenig dagegen wehren, da sie selbst nicht mehr davon betroffen sein werden. Eine massive sofortige Erhöhung würde eine viel heftigere Reaktion der Studierenden hervorrufen.
Ein weiteres Argument, das von den Unileitungen hervorgebracht wird: Sie führen lediglich die von den Regierungen auferlegten „Sparvorgaben“ durch und können daran nichts ändern. Abgesehen von dem geringen Widerstand seitens der Universität ist dieses Argument noch aus einem anderen Grund lächerlich. Schaut man sich die Zusammensetzung der Uniräte an, wird schnell klar, wer dort bereits massiven Einfluss hat: Sie sind voll von CEOs, VerwaltungsrätInnen und VertreterInnen der bürgerlichen Parteien – also Leute derselben Klasse, die auch die Abbauprogramme diktiert.
«Ganz Basel hasst Sozialabbau»
In den vergangenen Wochen bildete sich an der Uni Basel eine Bewegung gegen die
drohende Erhöhung der Studiengebühren. Mitte November fand bereits die dritte
Vollversammlung statt, an der eine Aktion für den «Dies Academicus» beschlossen
wurde. 300 Studierende und SchülerInnen bildeten am Morgen des 24. November einen
Trauerzug und begleiteten die offizielle Prozession unter dem Motto «Academicus dies –
Bildung statt Abbau». Anschliessend formierte sich eine lautstarke Spontandemo durch
die Stadt, die den bürgerlichen Abbaumassnahmen den Kampf ansagte. Im Rahmen der
«Langen Nacht der Kritik» trafen sich am Abend ausserdem Studierende aus Fribourg,
Bern, St. Gallen, Zürich und Lausanne zu einem schweizweiten Vernetzungstreffen, an
dem die Koordination gemeinsamer Aktionen und der Aufbau von
Vernetzungsstrukturen diskutiert wurden. Die Ausweitung der Proteste gegen den
Abbau und die Vernetzung über Kantonsgrenzen hinaus sind wichtige Schritte beim
Aufbau des Widerstands. Am 7. Dezember wird nun die letzte Vollversammlung des
Jahres durchgeführt, an der über ein Positionspapier debattiert und die Basis für einen
kämpferischen Frühling gelegt wird.
Gemeinsamer Kampf
Doch der Angriff auf die Lebensbedingungen der Studierenden bleibt nicht unwidersprochen. Bereits regt sich in Basel, Fribourg und an der ETH der Widerstand gegen die Gebührenerhöhungen. In Fribourg demonstrierten am 9. November 500 Studierende und ProfessorInnen unter dem Motto „Stop La Hausse“. Anschliessend kam eine Generalversammlung zusammen; am 21. Nov. fand bereits die zweite Versammlung statt. Dass ein solcher Protest erfolgreich sein kann, zeigt auch die Studierendenbewegung in Genf: Mit mehreren Demonstration und einer Rektoratsbesetzung konnte sie anfang Jahr die Erhöhung der Gebühren verhindern.
Die Erhöhung der Studiengebühren ist ein klarer Angriff auf unsere Lebensbedingungen und steht deutlich im Zusammenhang mit der Abbaupolitik im Gesundheitsbereich, bei den Renten, etc. Schlussendlich ist es nichts anderes als die Abwälzung der weiter anhaltenden Krise auf Kosten der ArbeiterInnen. Dem müssen wir mit einer gemeinsamen Antwort entgegentreten. Dabei dürfen wir die angekündigten „Sparmassnahmen“ nicht als Notwendigkeit hinnehmen, weil halt „kein Geld vorhanden“ sei. Denn damit bleibt uns nur, darüber zu diskutieren, an welcher Stelle wir den Abbau denn gerne hätten. Die Gebührenerhöhungen aber auch die Gebühren sind ein Angriff auf die ArbeiterInnen, die sich ein Studium so immer weniger leisten können. Daher müssen wir in die Offensive gehen und nicht nur die Erhöhung ablehnen, sondern die Abschaffung jeglicher Gebühren fordern.
Basil Haag
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