Die Revolutionäre Kommunistische Internationale unterstützt die Bewegung vollends und steht in kompletter Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser für die eigene nationale Befreiung und Freiheit von der imperialistischen Unterdrückung. Die Frage stellt sich: Wie kann die Freiheit für Palästina erreicht werden? Diese Frage braucht eine klare Antwort.

Keine Lösung

Viele linke Parteien und Arbeiterorganisationen haben einen sofortigen Waffenstillstand und einen Friedensplan gefordert. Der Weltgewerkschaftsbund zum Beispiel fordert ein Ende der «israelischen Besatzung und Siedlungen in den besetzten, arabischen Territorien, gemäss UN Resolutionen» und die Etablierung «eines unabhängigen, palästinensischen Staates, mit den Grenzen von 1967». 

Aber abgesehen von der moralischen Unterstützung, was haben diese Lösungen den Massen in Palästina zu bieten?

Die erste Pflicht eines Kommunisten ist es, die Wahrheit zu sagen. In der gesamten Situation ist die grundlegendste Wahrheit, dass nichts weniger die Freiheit der Palästinenser unterstützt, als die impotenten Resolutionen der UNO und die Intrigen der «internationalen Gemeinschaft».

Die Grenzen vor 1967 wurden etabliert nach den ethnischen Säuberungen von über 700’000 Palästinensern zwischen 1947 und 1949, bekannt als die Nakba (arabisch für Katastrophe), die von zionistischen Milizen ausgeführt wurde, mit der Unterstützung des US-amerikanischen Imperialismus.

Gegen Ende des Jahres 1949 hatte Israel 78 % des palästinensischen Landes beschlagnahmt. Was war die Antwort der «internationalen Gemeinschaft»? Sie anerkannten diese blutig vollendete Tatsache als die sogenannte «Grüne Linie», also die Grenze, zu der die oben genannten linken Gruppierungen zurückkehren wollen.

Israel überschritt diese «Grüne Linie» in 1967, als sie während des Sechstagekrieges in das gesamte palästinensische Gebiet einmarschierten. Die Antwort der UNO war die Verabschiedung der Resolution 242, die bis zum heutigen Tag nicht umgesetzt wurde. Wenn die UNO seit 1947 völlig unfähig (und unwillig) ist, ihre eigenen Resolutionen umzusetzen, wer soll es sonst tun?

Ein fauler Frieden

Allen Forderungen einer Zweistaatenlösung fehlt irgendein Vorschlag, wie sie umgesetzt werden kann. Immer bleibt schwammig, welche Art von Friedensabkommen verhandelt und von wem es umgesetzt werden sollte.

Die Palästinenser haben ihre Erfahrungen mit Friedensabkommen. Tatsächlich ist die aktuelle Krise das Produkt des kompletten Versagens der Zweistaatenlösung der Osloer Abkommen von 1992 und 1995.

Unter den Bedingungen dieses Abkommens, das komplett hinter dem Rücken der Palästinenser beschlossen wurde, hat Israel einem Teilrückzug aus den besetzten Gebieten zugestimmt und ein palästinensischer Halbstaat namens Palästinensische Autonomiebehörde (PA) wurde etabliert. Das Problem war jedoch, dass 60 % der Westbank komplett unter israelischer Kontrolle blieben.

Im Gegenzug haben Yasser Arafat und seine PLO (Palestinian Liberation Organisation) zugestimmt, den Staat Israel anzuerkennen und ihre Forderungen für das Rückkehrrecht der während der Nakba vertriebenen Palästinenser fallenzulassen. Stattdessen hat die Führung der Palästinenser zugestimmt, an der Rückkehr der Grenzen vor 1967 «zu arbeiten».

Zuletzt erhielt Palästina eine eigene Polizei, doch der israelische Staat behielt sich die Macht vor, die «interne Sicherheit und Ordnung» durchzusetzen. Israel erhielt zudem alleinige Kontrolle über Palästinas Grenzen und Luftraum.

Was war das Resultat dieses «Friedens»? Seit 30 Jahren verschlechtern sich die Lebensbedingungen in Palästina. Die Arbeitslosigkeit lag in Gaza und der Westbank im Jahr 1993 bei 7 %, heute liegt sie bei 24 %. Die letzte bekannte Zahl der Arbeitslosigkeit in Gaza war gar bei 45 %, mit einer noch höheren Zahl bei der Jugend. Das war noch vor den jüngsten Bombardierungen durch Israel. Die gesamte palästinensische Wirtschaft wird von Israel in einer kolonialen Geiselhaft gehalten, bei der Israel 58 % aller Importe liefert und 86 % aller Exporte einnimmt.

Die PA und die herrschende Partei Fatah degenerierten zu einer korrupten Bande, die sich nur an die Macht festklammern kann, weil sie sich als nützliche Marionetten für den israelischen Staat erwiesen haben. Genauso werden sie auch von den meisten Palästinensern gesehen.

Als die Hamas bei den Parlamentswahlen 2006 aufgrund der massiven Ablehnung der Fatah den Sieg davontrug, weigerten sich Israel, die EU und die USA, das Ergebnis anzuerkennen und übten Druck auf die Fatah aus, die Macht nicht abzugeben. Als Resultat wurde Palästina in einen Bürgerkrieg geworfen, der Gaza in die Hände der Hamas trieb und die Westbank unter Kontrolle der Fatah beliess. Seither gab es keine Wahlen mehr.

Die sogenannte «Zweistaatenlösung» hat zwei Palästinas geschaffen, oder eher; zwei Reservate, in denen die Palästinenser im eigenen Land gefangen gehalten werden. 

Heute ist Palästina so weit entfernt von der Unabhängigkeit wie noch nie zuvor. Fromme Resolutionen, die lediglich eine Rückkehr zu den Grenzen von vor 1967 und abstrakt einen «unabhängigen palästinensischen Staat» fordern, blenden diese unangenehme Tatsache völlig aus.

Israelischer Imperialismus

Befürworter der Zweistaatenlösung protestieren nun: Das Problem sei die extrem rechte israelische Regierung, insbesondere Benjamin Netanjahu, die den Friedensprozess böswillig sabotieren. Das stimmt, aber welche israelische Regierung wäre gewillt oder in der Lage, das gesamte Westjordanland aufzugeben? Wer wäre bereit, die Entwicklung einer überlebensfähigen und unabhängigen palästinensischen Wirtschaft zu finanzieren?

Israel ist ein kapitalistischer Staat mit eigenen imperialistischen Interessen in der Region; die Kontrolle über das gesamte palästinensische Land ist eine absolute Notwendigkeit für die Verfolgung seiner eigenen Interessen. Dieser Fakt wurde bereits durch die Gründer Israels anerkannt und bestimmte die Politik jeder einzelnen israelischen Regierung seit 1948.

Das schnelle Wachstum und die Ausbreitung der illegalen Siedlungen im Westjordanland wurde kontinuierlich seit 1967 fortgeführt – und nochmals beschleunigt seit den Friedensverträgen 1993. Heute leben dort und in Ost-Jerusalem mehr als 700’000 jüdische Siedler, die das Land illegal besetzen und die Arbeitskraft der Palästinenser ausbeuten, die gezwungen sind, in sklavenähnlichen Bedingungen zu arbeiten. Es war nicht Likud (Partei Netanjahus) oder Netanjahu selbst, sondern die israelische Sozialdemokratie unter Parteichef Yitzhak «Bonebreaker» (Knochenbrecher) Rabin, die die Osloer Friedensverträge aushandelte, die auf die Vereingung der Wirtschaften von Israel und Palästinas pochte.

Im Zeitalter des Imperialismus ist der Frieden nur die Weiterführung des Krieges mit anderen Mitteln. Der einzige Unterschied zwischen liberalen und rechten Zionisten ist, dass Erstere den Palästinensern vorsichtig den Stiefel in den Nacken stellen, um ihnen die Luft abzuschneiden, während Letztere den Palästinensern wiederholt ins Gesicht treten.

Der liberale Flügel der israelischen herrschenden Klasse protestiert momentan nicht das grausame Abschlachten und die Unterdrückung der palästinensischen Massen, sondern lediglich, dass die militärische Taktik Netanjahus das Leben der israelischen Geiseln riskiert. 

Es gibt keinen überlebensfähigen palästinensischen Staat und es wird nie einen geben, solange der israelische Kapitalismus existiert. Das versteht eine Mehrheit in Palästina.

Eine Umfrage im September, die vom Zentrum für politische Recherche und Umfragen in Palästina durchgeführt wurde, ergab, dass 64 % der Palästinenser die heutige Situation schlechter finden als vor den Osloer Friedensverträgen. 71 % sagten aus, dass die Unterzeichnung der Verträge durch die PLO ein Fehler war und 53 % meinten, dass der bewaffnete Widerstand der beste Weg vorwärts im Kampf für die Befreiung Palästinas sei.

Die Forderung nach einem neuen Friedensplan, analog zum Osloer Friedensabkommen, ist unter den aktuellen Bedingungen im besten Fall eine Ablenkung, im schlimmsten Fall eine erneute Täuschung der palästinensischen Massen. Deshalb befürwortete die USA die Friedensverträge 1993 und unterstützt die Zweistaatenlösung seither. Deshalb lehnt die palästinensische Jugend diese «Lösung» korrekterweise ab.

Eine ehrliche Ablehnung von Krieg und Zerstörung ist verständlich, aber im Konflikt zwischen Unterdrückten und Unterdrückern kann der Pazifismus den Massen bestenfalls Passivität predigen, im schlimmsten Fall führt er die Bewegung in eine Sackgasse.

Für eine revolutionäre Lösung

Es gibt keinen reformistischen Weg zur Freiheit von Palästina. Internationaler Druck und «Friedens»-Verträge können nur den bereits unerträglichen Status quo bewahren. Die palästinensischen Massen können nur auf die Stärke der arbeitenden Massen im Nahen Osten und auf der ganzen Welt vertrauen.

Ein neuer arabischer Frühling, gestützt vor allem auf die revolutionäre Jugend, könnte nicht nur die reaktionären Regimes in Ägypten, Jordanien etc. stürzen, sondern auch den Startpunkt für die Befreiung Palästinas setzen. Die armen und arbeitenden Massen der angrenzenden arabischen Ländern kochen vor Wut und ob der Komplizenschaft ihrer eigenen korrupten Regierungen mit den Verbrechen des israelischen Zionismus.

Die Bewegung rund um ein sozialistisches Programm würde an der «Grünen Linie» nicht haltmachen. 

Würde eine solche allmächtige Bewegung jedoch bei der Errichtung eines schwachen kapitalistischen Palästinas, im Schatten einer «demokratischen» Version des aktuellen kapitalistischen Israels, stehen bleiben, würde das einer kompletten Niederlage gleichkommen. In Wirklichkeit ist ein solches Szenario unvorstellbar. Die israelische herrschende Klasse würde, wenn ihre Herrschaft nur erschüttert und nicht zerschlagen würde, sich wieder aufrichten und Rache üben. Das Resultat wäre alptraumhafter als der aktuelle Terror. Das reaktionäre, zionistische Establishment muss komplett zerschlagen werden, die herrschende Klasse enteignet und das Land und die Monopole unter die Kontrolle der arbeitenden Massen gestellt werden.

Nur ein System der Arbeiterdemokratie kann den aktuellen Staat Israel ersetzen, die Besetzung beenden, die entscheidende Landfrage beantworten und die demokratischen Rechte sowohl der Juden als auch der Araber respektieren. Kurz gesagt: Wir sind nicht für Scheinfrieden, sondern für die Revolution.

Es braucht eine Revolution, die weder die kapitalistische «Demokratie», noch die nationalen Grenzen respektiert. Eine Revolution, die nicht endet, ehe der israelische Imperialismus und seine palästinensischen Marionetten vollkommen zerschlagen sind. Eine Revolution, die die dringendsten Bedürfnisse der Palästinenser nach Land, Arbeit, Wohnraum und einer lebenswerten Existenz für alle befriedigen kann. Das heisst, dass eine sozialistische Revolution der einzige Weg ist, um die materielle Basis der zionistischen herrschenden Elite zu beseitigen. Darum sagen wir: Intifada bis zum Sieg!