Im April und Mai dieses Jahres kam es in Frankreich zu grossen Studi-Bewegungen an mehreren Universitäten. Tausende StudentInnen gingen in den Streik. In den Medien hierzulande hörte man kaum etwas davon. Wie schon im Mai 68 haben die Bürgerlichen ein klares Interesse, die potentiell umwälzenden, von StudentInnen angetriebenen Entwicklungen zu ignorieren oder als utopisch abzustempeln. Nicht so der Funke! Wir luden neulich einen Studenten aus Frankreich, der bei den Kämpfen im Frühling mittendrin war, zu einer Referatereihe ein. Andréas, Mitglied unserer Schwesterorganisation «Révolution» und Student an der Universität Nanterre, tourte mit dem Programm «Mai 68, sie gedenken, wir fangen wieder an» einmal quer durch das Land.
Von gemachten Erfahrungen profitieren
Unser Gastreferent besuchte die Unis in Zürich, Basel, Bern und Genf. An den ersten drei Orten wurde der Vortrag jeweils direkt ins Deutsche übersetzt, damit auch alle der im Schnitt 25 anwesenden Personen davon profitieren konnten. Dass die BesucherInnen gut zuhörten, zeigte sich in den anschliessenden jeweils sehr angeregten Diskussionen. Es wurden viele Fragen an Andréas gestellt, die er eingehend beantwortete. Auch gaben die ZuhörerInnen selbst eigene Erfahrungen (beispielsweise aus den relativ kleineren Bewegungen hierzulande) oder Inputs preis, was das Feld der Diskussion noch breiter machte. Die Gelegenheit wurde also gut genutzt, Wissen zu erweitern und auszutauschen. Andréas hatte während seines Vortrags viel zu erzählen, denn er war mit dabei, als es im Frühling dieses Jahres wieder zu grossen Streikaktionen, Besetzungen und Demos kaum – ausgelöst durch eine Selektionsverschärfung an mehreren Universitäten in Frankreich von Nanterre über Montpellier bis Toulouse. Die BesucherInnen der Veranstaltung erfuhren so aus erster Hand was sich in diesen Tagen ereignete und warum die Demonstrationen schlussendlich vorerst wieder versiegten.
Vollversammlungen mit 2000 Leuten
Was bei dem Streik im Frühjahr heraussticht ist, dass bei den abgehaltenen Vollversammlungen, bei denen gemeinsam über das weitere Vorgehen des Streiks bestimmt wurde, auf einmal über 2000 Leute teilnahmen. Das heisst, es wurden in sehr kurzer Zeit sehr viele Leute politisch interessiert und aktiv. Das zeigt, dass es in Krisenzeiten mit heftigen, sektorenübergreifenden Angriffen auf die Arbeitsbedingungen sehr schnell gehen kann, bis sich breite Schichten politisieren. So solidarisierten sich Teile der Studis dann auch mit den wochenlang streikenden Bahnangestellten, die ebenfalls gegen Macrons Abbaumassnahmen kämpften. Dies ist sehr wichtig, weil schlussendlich die Arbeiter den grössten Druck auf die Wirtschaft ausüben, wenn sie ihre Arbeit niederlegen. Jedoch passiert das nur, solange sie auch Aussichten auf Erfolg haben. Nach vielen Tagen des Streiks wurden die Erfolgschancen immer kleiner und das Geld der Arbeiter immer knapper, so gingen auch die Streikaktionen zurück.
Unsere Aufgabe ist klar
Der zentrale Grund fürs Scheitern war, dass keine Organisation vorhanden war, die die verschiedenen Kämpfe auf Basis eines revolutionären Programms miteinander verband und koordinierte. So konnte nie das gesamte Potential des Streiks entfaltet werden. Genauso eine Organisation gilt es nun aufzubauen, sowohl in Frankreich wie auch in der Schweiz, um im entscheidenden Moment bereit und präsent zu sein! Denn wie Andréas abschliessend bemerkte: «Was wir unlängst in Frankreich erlebten, wird im Kontext der anhaltenden Krisenbekämpfung auf dem Rücken der breiten Massen früher oder später auch die Schweiz erreichen.»
Simon G.
Marxistische Studierende Zürich
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