In Spanien organisiert sich die Jugend zu Tausenden im «Movimiento Socialista». Ihr Ziel: internationaler Sozialismus. Wir von der IMT begrüssen diese Bewegung euphorisch. Wir werfen die Frage auf: Mit welcher Strategie zu diesem Ziel?
Folgende Slogans treiben tausende Jugendliche und Arbeiter in verschiedenen Städten Spaniens auf die Strasse: «gegen die Diktatur der Bourgeoisie», «die Rache der Arbeiter: die sozialistische Revolution», «der Kampf ist der einzige Weg». Diese Slogans zeigen einen Sprung im Klassenbewusstsein eines Teils der Jugend, die im Kontext der Krise des Kapitalismus zunehmend revolutionäre Schlussfolgerungen zieht.
Der Funke entsprang 2018 in der Jugend im Baskenland, breitet sich aber in den letzten Monaten auf weiterere Regionen im spanischen Staat aus. Unter roten kommunistischen Bannern vereint die «Sozialistische Bewegung» MS mehrere neue kommunistische Jugendorganisationen vom Baskenland über Katalonien, Aragon, Kastilien bis Madrid. MS hat kein kleineres Ziel als den Kapitalismus mitsamt seinen verdorbenen bürgerlichen Institutionen zu überwinden und erklärt sich offen für den internationalen Kommunismus.
Diese Bewegung ist aktuell das weltweit bedeutendste und inspirierendste Beispiel dafür, dass eine ganze Schicht der Jugend grosse Schritte in Richtung Kommunismus und Marxismus macht. Das ist für alle Marxisten international ein grosser Grund zum feiern! Die Bewegung hat die Begeisterung und volle Unterstützung der IMT, die sie verdient!
MS ist eine Antwort auf das Scheitern der bestehenden linken Parteien. Sie entstand aus dem bewussten Bruch mit der sozialdemokratischen Politik, die sich in die bürgerlichen Institutionen integrieren liess, um schliesslich die Aufrechterhaltung des Kapitalismus zu akzeptieren. Es ist andererseits auch ein Bruch mit dem linken Nationalismus der Unabhängigkeitsbewegungen im Baskenland und Katalonien, die die Massenbewegungen in eine Sackgasse geführt haben.
Die Jugend, die sich jetzt unter der MS organisiert hat, hat die richtigen Schlussfolgerungen gezogen: keine Klassenkollaboration, kein Vertrauen in den bürgerlichen Staat, wir brauchen eine unabhängige kommunistische Massenpartei der Arbeiterklasse!
Wir von der International Marxist Tendency (IMT) begrüssen diese Wende zum revolutionären Sozialismus enthusiastisch. Wir haben die gleichen Ansprüche und Ziele, und stehen hinter den Slogans von MS. Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir grösste theoretische Klarheit und eine korrekte Strategie. Unsere IMT-Genossen von «Lucha de clases» in Spanien stehen deshalb mit MS im Dialog. Sie haben ein längeres Dokument publiziert, um gewisse zentrale Fragen aufzuwerfen, wo wir der Meinung sind, dass der MS diese nötige Klarheit noch fehlt.
Die grundlegende Feststellung der MS ist, dass die sozialdemokratischen und stalinistischen Strategien des 20. und Beginn des 21. Jahrhunderts gescheitert sind. Um aus dem «Zustand der globalen Niederlage des Sozialismus» herauszukommen, müsse sich die sozialistische Bewegung theoretisch und praktisch neu bilden. Als Marxisten teilen wir den revolutionären Bruch mit dem Reformismus und Stalinismus.
Doch wir denken, dass es ein Fehler ist, die Erfahrung der Sowjetunion pauschal und in ihrer Gesamtheit zu verwerfen und eine komplett neue Strategie zu suchen. Die fehlende materialistische Analyse, warum die Sowjetunion in den Stalinismus degenerierte, führt die MS dazu, auch die wichtigen Lektionen der Russischen Revolution zu verwerfen. In der Konsequenz distanzieren sie sich nicht nur vom Stalinismus, sondern auch von der Strategie eines revolutionären Aufstandes.
Wenn jedoch der Weg der revolutionären Machtergreifung der Arbeiterklasse wegfällt, dann bleibt notwendigerweise nur die graduelle Ausbreitung des Sozialismus übrig. So wollen sie ihre Strategie darauf aufbauen, «Kräfte zu sammeln» und innerhalb des Kapitalismus «befreite, sozialistische Räume» zu schaffen, die progressiv und graduell die kapitalistische «Hegemonie» in der Gesellschaft ablösen.
Die marxistische Theorie hat immer erklärt – und die gesamte geschichtliche Erfahrung des Klassenkampfes beweist das –, dass diese Strategie utopisch ist. Man kann der Bourgeoisie nicht schrittweise die Macht in der Produktion entreissen, während das kapitalistische System weiterexistiert. Nur indem wir die Bourgeoisie enteignen, können wir ihnen die Kontrolle der Produktion entreissen. Das geht nicht schrittweise, eine Fabrik nach der anderen, sondern nur durch die Enteignung der kapitalistischen Klasse insgesamt in einer Revolution.
Die Bolschewiki unter Lenin lieferten in der Russischen Revolution 1917 den praktischen Beweis dafür. Es ist die einzige siegreiche, authentische Revolution der Arbeiterklasse, die zur Entmachtung der Kapitalisten und die Schaffung eines Arbeiterstaates geführt hat. Wir dürfen diese wichtigen Lektionen des Bolschewismus nicht mit dem Stalinismus zusammenwerfen. Wir sollten uns im Gegenteil ein Vorbild an Lenins bolschewistischer Partei nehmen: Ihr Sieg war nur möglich, weil sich die Partei gänzlich auf das Fundament des genuinen Marxismus gestellt hat.
Die MS hat einen hundertprozentig revolutionären Anspruch. Aber die fehlende Klarheit darüber, wie die Arbeiterklasse die Macht ergreifen kann, führt dazu, dass sie eine gradualistische Strategie verteidigen, die eigentlich für den Reformismus charakteristisch ist, mit dem sie brechen wollen.
In der IMT sind wir der Auffassung, dass wir unsere Kraft nicht in die Schaffung von sozialistischen Inseln im Kapitalismus stecken sollten. Die Bedingungen für eine revolutionäre Machtergreifung werden nicht von uns Kommunisten geschaffen. Es sind vielmehr die wachsenden Widersprüche des Kapitalismus, die Bedingungen schaffen, unter denen die Massen der Arbeiterklasse zum Widerstand gezwungen werden.
Das sind genau die Bedingungen unserer heutigen Periode, des Niedergangs und der Krise des Kapitalismus. Im Kontext der allgemeinen Radikalisierung und Verschärfung der Kämpfe, werden Situationen kommen, wo sich die organisierte revolutionäre Avantgarde mit breiteren Schichten der Massen wird verbinden und eine wirkliche revolutionäre Massenpartei wird enstehen können.
Unsere Aufgabe heute ist es, die radikalisiertesten Schichten zu organisieren und eine Organisation von marxistischen Kadern aufzubauen. Der Marxismus ist nicht nur unser wichtigstes Werkzeug für die Revolution. Er ist eine Wissenschaft, die ein sorgfältiges Studium verlangt. Nur eine Organisation von gut geschulten marxistischen Kadern, mit einem klaren Verständnis unserer Aufgabe, wird ein stabiles Rückgrat einer kommunistischen Massenpartei bilden können, die die Arbeiterklasse zum Sieg führen kann.
Der Fakt, dass MS innert Kürze tausende revolutionäre Jugendliche und Arbeiter rund um kommunistische Slogans organisieren konnte, beweist vor allem eines: Das Bewusstsein der Jugend macht gigantische Sprünge in Richtung Kommunismus und Marxismus.
Das ist eine internationale Entwicklung, die wir auch in der Schweiz sehen. Die Schweiz ist keine unabhängige, stabile Insel des Glückes. Sie ist Teil des genau gleichen Niedergangs des Kapitalismus und die Jugend weiss das. Man muss ihr nicht erklären, wieso der Kapitalismus ausgedient hat, denn sie spürt das tagtäglich und beginnt, das System als Ganzes abzulehnen.
Die Jugend ist die radikalisierteste Schicht der Bevölkerung, sie ist die Avantgarde dieses Prozesses. Denn sie hat ihre ganze Zukunft noch vor sich. Sie kennt nichts ausser dem Kapitalismus in der Krise. Sie lehnt das verrottete kapitalistische System ab. Sie ist auf der Suche, was die Alternative ist und strebt in die Richtung Kommunismus. MS ist der offenste Ausdruck davon. Das ist die Perspektive der Schweizer Jugend. Unsere Aufgabe ist es, diese Schichten für den Aufbau der marxistischen Organisation zu gewinnen und uns im Marxismus auszubilden!
Von Benita Dietsche und Martin Kohler, der Funke
Nordamerika — von Alan Woods, marxist.com — 27. 11. 2024
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