Auch in der Schweiz kann der Kapitalismus nicht «abgewählt» werden. Die vielgelobte Schweizer Demokratie ist die Diktatur der Banken und Konzerne. Doch die RKP hält sich vor, auch hier die Bühne der Wahlen zu nutzen. Aktuell gibt es dafür keine konkreten Pläne. Wenn wir Kandidaten aufstellen, dann auf Grundlage eines konsequent revolutionären Programms und ohne Illusionen in die parlamentarische Schwatzbude zu schüren.

Verbittert wählten die Briten am 4. Juli ein neues Parlament. Nur eine Kandidatur weckte Hoffnung: die Kommunistin Fiona Lali unserer britischen Schwesterpartei. 

Gärung in Grossbritannien

Die Arbeiterklasse hat genug von Sparmassnahmen, politischem Chaos und sinkendem Lebensstandard. Deshalb hat die seit 14 Jahren regierende konservative Tory Partei mit ihrem Banker Sunak an der Spitze bekommen, was sie verdient: das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Wahlsieger ist Keir Starmer der sozialdemokratischen Labour, die mit überwältigender Mehrheit die Regierung übernimmt. Verbessern wird sich dadurch nichts, weil Starmer dieselbe asoziale Politik fortführen wird.

Starmer ist eine Kreatur des Grosskapitals, die nur bei CEOs und Lobbyisten Enthusiasmus (und Spenden) weckt. Keine Partei hat jemals mit einem tieferen Stimmenanteil (34 %) die britischen Wahlen gewonnen! Der neue Premier hat palästinensisches Blut an den Händen, weil er Israels Recht auf Genozid verteidigt. Deshalb wandten sich viele traditionell linke und migrantische Wähler angeekelt von Labour ab. Und von denjenigen, die Labour wählten, gaben knapp 70 % als primären Grund dafür an, einfach die Konservativen loswerden zu wollen. Weil niemand das politische Vakuum links von Labour zu füllen vermochte, hatte die Arbeiterklasse nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Für Palästina und Kommunismus

Für einen wirklichen Ausweg aus dem kapitalistischen Schlamassel kandidierte Fiona Lali im Londoner Stratford & Bow Wahlkreis. Ihre vielversprechende Kampagne etablierte den Kommunismus wieder als aufkommende Kraft. 

Die im Mai gegründete Revolutionary Communist Party (RCP) stellte Fiona auf, um die Temperatur in der Gesellschaft zu messen und die revolutionären Ideen mit der Anti-Establishment-Stimmung zu verbinden. Ausgangspunkt war, dass Fiona die reaktionäre Politikerin Suella Braverman im nationalen Fernsehen als Kriegsverbrecherin und Lügnerin entblösste. Seither wird Fiona konstant auf der Strasse als «die Aktivistin von Tiktok» erkannt und für ihre Verteidigung der Palästinenser beglückwünscht. 

Mit der Fiona-Wahlkampagne traten die Kommunisten erstmals mit breiteren Massen in einen politischen Dialog und fanden offene Ohren vor! Der Slogan «Wir sind Revolutionäre, keine Politiker!» fand Anklang bei von der Politik enttäuschten Jugendlichen und Arbeitern. Einer meinte: «Ich hatte nicht vor zu wählen, aber Fiona hat meine Stimme. Wir brauchen jemanden, der sich wirklich für uns einsetzt.» Am Wahltag machten 1’791 (4,1 %) ihr Kreuz für Fiona. Das ist ein exzellentes Resultat, insbesondere weil die Kampagne nicht auf billigen Stimmenfang, sondern auf ernsthafte Verbreitung des Programms ausgerichtet war.

Aufbauen im Wahlkampf

Moderne Wahlkampagnen aller etablierten Parteien maximieren Stimmenzahlen, indem die eigenen Anhänger effizient zur Urne mobilisiert werden. Ernsthafte politische Diskussionen sind aus dieser Optik «ineffizient». Im Gegensatz dazu tauchten die britischen Genossen in das Quartier ein und sprachen mit Tausenden über den kommunistischen Ausweg aus der aktuellen Barbarei. Darunter waren auch Nicht-Wahlberechtigte, die aber politisch aktiv werden wollen.

300 Parteimitglieder und mehrere Dutzend Unterstützer verteilten 100’000 Flyer und Poster mit dem Profil von Fiona und dem Programm der RCP auf einem Gebiet von der Grösse von St. Gallen. Sie gingen von Tür zu Tür, stellten Infotische bei Metrostationen auf und organisierten Demonstrationen und Versammlungen. Die Reaktionen darauf waren elektrisierend!

Viele erkannten Fiona oder schätzten unsere Pro-Palästina Position, aber wer das Gespräch vertiefte, interessierte sich für die Partei und ihr Programm. Viele meinten: «Ich bin mit Fiona einverstanden, wenn sie Kommunistin ist, dann will ich mehr darüber erfahren.» Deshalb stehen jetzt 50 Personen aus dem Wahlbezirk kurz davor, der Partei beizutreten.

Unverfälschtes Programm

Für den Erfolg der Kampagne war entscheidend, das Programm kein bisschen zu verwässern, um «populärer» zu wirken. Fiona und Konsorten vermittelten Kommunismus, Planwirtschaft und Revolution, aber durch greifbare Slogans. «Bücher statt Bomben» zeigt beispielsweise, inwiefern das Gaza-Massaker mit den Bedürfnissen der britischen Arbeiter und Jugendlichen zusammenhängt. 

Kandidaten versprechen üblicherweise das Blaue vom Himmel, solange sie nur gewählt werden. Danach soll die Politik wieder den Profis überlassen werden. Nicht so Fiona! Selbstverständlich hätte sie im Parlament die Interessen der Arbeiterklasse erbittert verteidigt, indem sie konsequent aufgezeigt hätte, dass die Arbeiter ihre Probleme nur selbst durch Massenkampf lösen können. Und sie betonte immerzu, dass am Tag nach der Wahl der entscheidende Kampf auf der Strasse beginne. Dass das keine leeren Worte waren, bewies sie am 5. Juli auf einer Palästina-Demo, die den Kampf gegen die Starmer-Regierung einläutete.