Bei den deutschen Bundestagswahlen geht es für die SPD rauf und runter. Hatte sie im Februar noch bessere Umfragewerte als Merkel erreicht, liegt ihr Kanzlerkandidat Martin Schulz nun wieder 6 Prozentpunkte hinter der Kanzlerin. Die LINKE wird dadurch auf die Probe gestellt. Wie geht sie mit der Situation um und was müsste sie eigentlich machen?
Nach vielen widersprüchlichen Aussagen und Selbstinszenierungen der SPD unter Martin Schulz tut sich in der LINKEN die Frage erneut auf, ob unter solchen Bedingungen eine Mitte-Links-Regierung auf Bundesebene unter einem Kanzler Schulz funktionieren kann. Der reformistische Flügel der LINKEN propagiert schon seit der Gründung 2007 eine Zusammenarbeit mit den SozialdemokratInnen – und, wenn es die Zahlen erfordern, mit den Grünen im Schlepptau. Obgleich Schulz Vertreter des rechten Parteiflügels der SPD ist und sozialliberale Politik betreibt, tut das dem Enthusiasmus keinen Abbruch.
Erfahrungen mit Rot-Rot-Grün
Doch was bedeutet eine rot-rot-grüne Regierung im Bund? Auf kommunaler und Länderebene wurden diese Konstellationen schon mehrmals durchgespielt, und das Ergebnis glich sich stets: als Vertreterin in einer Regierung ist die Linke gezwungen, Politik gegen die Massen umzusetzen. Dass die LINKE eine sozialdemokratische Partei ist und keine dezidiert sozialistische, hat sie mehrmals bewiesen.
Ob es um die desaströse Sozialpolitik unter der rot-roten Regierung in Berlin geht oder auch die arbeiterInnenfeindlichen Beschlüsse im Land Brandenburg. Die Haltung (die teilweise bis in den linken Flügel der Partei reicht), dass die LINKE in naher Zukunft „regierungsfähig“ sein müsse, entlarvt das fehlende Verständnis respektive den Rutsch nach Rechts der Partei. Selbst die Fürsprecherin der innerparteilichen Strömung der Antikapitalistischen Linken (akl), Sahra Wagenknecht, bejaht trotz der Nennung „rote Haltelinie“, die man nicht unterschreiten dürfe, eine Regierungsbeteiligung der LINKEN.
Und in der Bundesregierung?
Es ist unbestreitbar, dass eine progressive Politik im Bund durchaus innenpolitische Maßnahmen umsetzen könnte, wie die Abschaffung (oder „Reform“) der Agenda 2010 oder generell eine Politik, die eher im Interesse der Werktätigen steht (vorausgesetzt, die SPD und Grünen würden das unterstützen). Doch dadurch lässt sich weder ein grundsätzlicher gesellschaftlicher Wandel erreichen, noch können wir ein solch konsequentes Eintreten für die Sache der ArbeiterInnenklasse momentan von der LINKEN erwarten. Eine rot-rot-grüne Politik wird keineswegs den Sozialismus einführen, sondern als Verteidigerin des kapitalistischen Standes der Dinge, wenngleich leicht progressiv anmutend, auftreten.
Kein Wahlkampf
im Sinne des Kapitals!
Der revolutionären Partei ist in einer bürgerlichen Gesellschaft die Rolle der Opposition quasi vorbestimmt. Diese Worte Rosa Luxemburgs besitzen bis heute ihre Gültigkeit. Aufgabe der Linkspartei muss es sein, eine Verankerung in den arbeitenden Massen zu schaffen, im Schulterschluss mit den Gewerkschaften und progressiven Bewegungen, mit dem erklärten Ziel, eine sozialistische Massenpartei aufzubauen.
So würde ein starkes Ergebnis der Linken bei der Bundestagswahl eine starke Oppositionspartei, und keine Anbiederung an den kapitalistischen Apparat, bedeuten. Eine rot-rot-grüne Regierung unter einem sozialliberalen Kanzler Martin Schulz hiesse für die Bevölkerung keinen gesellschaftlichen Wechsel, sondern eine Verwaltung des Status quo mit sozialer Vokabel. Für die LINKE würde die Beteiligung an einer Regierung , die Sparprogramme und Angriffe auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen fährt, einen enormen Vertrauensverlust bei den Massen bedeuten.
Mit R2G: keine linke Politik
Dass mit R2G (Rot-Rot-Grün) keine konsequent linke Politik möglich ist, können wir nun schon sehen: Die Äußerungen Schulz‘, sein Lob an die Adresse von Schröders Konterreform namens Agenda 2010, zeigen, dass mit ihm die SPD keinen Linksschwenk erfahren wird. Anstatt sich bei der SPD anzudienen, müsste die LINKE in dieser Situation mit Schulz brechen, harsche Kritik an ihm und seiner Linie laut werden lassen und klar Stellung gegen eine Politik beziehen, die nur den Reichsten hilft. Es wird deutlich, wie wichtig es ist, dass die LINKE die Rolle tatsächlich einnimmt für die sie einst gegründet wurde: die einer linken Oppositionspartei, die für jene zur Anlaufstelle wird, die von der bürgerlichen Politik der SPD die Nase voll haben.
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