Trotz der historischen Massenmobilisierung beim Frauenstreik 2019 hat sich die Lage der Frauen seither weiter verschlechtert. Für wirkliche Verbesserungen braucht es echte Streiks – keine Symbolpolitik!

Wir kämpfen am 14. Juni für «Lohngleichheit, Lohnerhöhungen, Mindestlöhne, bessere Renten, Arbeitszeitverkürzung, Kinderbetreuung als Service Public und gegen Sexismus am Arbeitsplatz» (14juni.ch). Das sind korrekte Forderungen, vor allem in Zeiten von Permakrise, Inflation und Lebenskostenkrise! 

Doch wir müssen ehrlich sein: Der «Frauenstreik» oder «feministische Streik» wird auch dieses Jahr nicht als wirklicher Streik organisiert, sondern in den allermeisten Fällen als symbolischer Aktionstag. Wenn wir wirkliche Verbesserungen wollen, dürfen wir uns nicht länger mit leerer Symbolpolitik abspeisen lassen, sondern müssen in die Offensive gehen. 

Die Arbeiterklasse erschafft den ganzen gesellschaftlichen Reichtum, doch der gehört den Kapitalisten. Die Aufteilung des Reichtums ist eine Frage des Kräfteverhältnisses zwischen den Klassen.

Mehr Geld für Löhne, Sozialleistungen, bessere Renten und Mindestlöhne bedeutet weniger Profite für die Kapitalisten. Und umgekehrt drücken die Kapitalisten die Löhne, kürzen die Renten und verlängern den Arbeitstag, um die Profite zu erhöhen.

Dort zuschlagen, wo es wehtut

Die Kapitalisten geben uns nur mehr, wenn wir die Profitproduktion stoppen und sie Angst haben, noch mehr zu verlieren. Die kollektive Arbeitsniederlegung der Arbeiterklasse ist das effizienteste Werkzeug dazu, weil wir die Wirtschaft lahmlegen und damit die Kapitalisten dort treffen, wo es ihnen am meisten wehtut. 

Deshalb sind Streiks – kein symbolischer Aktionstag, sondern die kollektiv organisierte Arbeitsniederlegung – das beste Mittel im Kampf für wirkliche Verbesserungen. Und dort fangen die Arbeiter an, ihr Leben wirklich in die eigene Hand zu nehmen!

Das sehen wir zum Beispiel beim Reissverschlusshersteller RiRi im Tessin, wo vor allem migrantische Frauen zu prekären Bedingungen arbeiten. Der widerliche Sexismus der Vorgesetzten war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die ganze Belegschaft trat in den Streik und erkämpfte innert Tagen den 8-Stunden-Tag und bessere Arbeitsbedingungen! 

Das beste Mittel gegen Sexismus, Rassismus und alle anderen spaltenden Ideen, die den Kapitalisten helfen, ungestört auszubeuten, ist der gemeinsame Kampf. Im Streik erkennen die Arbeiter ihre wahren Freunde: die anderen Teile der Arbeiterklasse – und ihre wahren Feinde: die Kapitalisten.

Der mächtigste Hebel, um die Ziele des Frauenstreiks umzusetzen, liegt am Arbeitsplatz in den Betrieben! Wollen wir gegen Sexismus und für die Verbesserung der Lage der Frauen und der Arbeiterklasse kämpfen, müssen wir die Streik-Methoden der RiRi-Arbeiterinnen anwenden und den Klassenkampf in die Betriebe tragen!

In der Schweiz sind über 75 % der Frauen erwerbstätig. Rund ein Drittel aller Lohnabhängigen, etwa 1.5 Millionen Arbeiter, arbeiten in 1600 Grossbetrieben. Wir müssen dort kämpfen, wo die Arbeiterklasse stark ist, dort, wo es den Kapitalisten wirklich wehtut: 80 % der Exporte und 30 % des BIPs werden in diesen Grossbetrieben generiert.

Ein Streik in den 100 grössten Betrieben würde das ganze Land komplett lahmlegen und die Kapitalisten zu massiven Zugeständnissen zwingen. Und ein solcher Streik würde beweisen: Wir, die Arbeiterklasse, erschaffen allen Reichtum, ohne uns steht das Land still! Wozu brauchen wir die Kapitalisten?! Zehntausende Streikende würden lernen: Wenn wir gemeinsam kämpfen, können wir wirklich die Welt verändern!

Keine Zeit für zahnlosen Symbolismus!

Es reicht heute einfach nicht, einmal pro Jahr Dampf abzulassen, einen symbolischen eintägigen Aktionstag zu organisieren, um die Rolle der Frau in der Gesellschaft sichtbar zu machen und dann auf ein Parlament zu vertrauen, das in den letzten 4 Jahren bewiesen hat, dass es die Interessen der arbeitenden Frauen mit Füssen tritt!

Die Vorschläge, «Heimstreiks» zu organisieren und die individuellen Haushalte zu bestreiken, sind machtlos: Mit der Niederlegung der privaten Hausarbeit ringen wir den Kapitalisten keinen Rappen ab.

Der Streik hat nur Schlagkraft, wenn alle mitmachen. Wenn die Männer die Schichten der Frauen übernehmen, wird der Streik gebrochen: Die Kapitalisten machen ungestört Profite, während die Arbeiterklasse nach Geschlechtern gespalten wird.

Die heutige Führung des Frauenstreiks versucht das Unmögliche: Verbesserungen erkämpfen ohne Klassenkampfmethoden – die Frau zu befreien, ohne den Kapitalismus zu stürzen. Das führt die Bewegung in eine symbolpolitische Sackgasse.

Worauf wartet ihr?

Wenn die Führung der Arbeiterorganisationen bereits 2019 angefangen hätte, offensiv Streikmethoden in den Betrieben zu verankern, dann wäre die ganze Bewegung heute viel schlagkräftiger und wir könnten viel mehr rausholen!

Die arbeitenden Frauen brauchen heute eine klassenkämpferische Führung, die bedingungslos den Standpunkt der ganzen Arbeiterklasse einnimmt und mit den Kapitalisten auf Konfrontationskurs geht.

Wir Marxisten stehen konsequent für die effektivsten Klassenkampfmethoden für wirkliche Verbesserungen und für den Sturz des Kapitalismus ein. Wir bauen heute die revolutionäre Führung auf. Mach bei uns mit!

Jonathan Nerú, Zürich


Quellen: