Am 17. Juni 2016 beschloss das Schweizer Parlament die Unternehmenssteuerreform III (USR III). Die Baselbieter Regierung enthüllte vergangene Woche die Umsetzung, welche einen weiteren heftigen Angriff auf die Arbeiterinnen und Arbeiter darstellt. Wie reagiert die Sozialdemokratie und welches Ziel sollte sich die Linke setzen?
Die USR III ist die Fortführung der seit Jahrzehnten betriebenen Schweizer Steuerpolitik, die einen bestmöglichen “Standortvorteil Schweiz“ zum Ziel hat, der aus tiefen Steuern für Unternehmen resultiert. Im Baselland sollen die Gewinnsteuern von aktuell 20,7% neu auf 14% gesenkt werden. Um dies ein wenig abzufedern, sollen nun 60% anstatt 50% der Dividenden besteuert werden. Doch dies gleicht die Mindereinnahmen keinesfalls aus.
Die Regierung schätzt, dass der Kanton nach der Umsetzung pro Jahr bis zu 49 Millionen weniger Steuereinnahmen hat und die Gemeinden zusätzlich bis zu 30 Millionen weniger. Dies soll jedoch nicht über Steuererhöhungen ausgeglichen werden, sondern mit weiteren Sparpakete.
Sowohl die SP wie auch die JUSO zeigen sich empört über diesen Vorschlag und weisen ihn entschieden zurück. Auf nationaler Ebene hat die Linke bereits angefangen Unterschriften für das Referendum zu sammeln, um die Vorlage an der Urne zum Scheitern zu bringen. Da der Bund den Kantonen jedoch einigen Spielraum bei der Umsetzung gibt, ist es richtig und wichtig, dass der Kampf gegen diese Reform auf allen Ebenen geführt wird.
Illusionen in die bürgerliche Demokratie
Die Reaktionen in der Linken enthüllen grosse Illusionen in die bürgerliche Demokratie. Die SP beklagt, dass die Regierung von den Steuergeschenken aus der Ära Ballmer, der Finanzminister vor Lauber, nichts gelernt habe. Gleichzeitig bemängelt die JUSO die fehlende wirtschafts- und finanzpolitische Vernunft, denn diese Reform führe nur dazu, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Doch was genau soll die Regierung gelernt haben und haben ihre Vorschläge wirklich etwas mit fehlender Vernunft zu tun?
Politik ist ein Kampf um verschiedene Interessen. Die meisten Menschen haben ein Interesse daran, möglichst gute Arbeitsbedingungen zu haben oder gewisse Dienstleistungen von der Gesellschaft zu erhalten, welche sie selber nicht leisten können. Aus ihrer Sicht ist diese Reform natürlich eine Verschlechterung, oder wie die JUSO schreibt, bezahlen dürfen dies dann die „Normalsterblichen“. Für die Minderheit der Leute, die Firmen oder -anteile besitzen, ist diese Umsetzung der Reform sehr begrüssenswert, denn sie hilft ihnen, grössere Anteile des Profits behalten zu können.
Die SP bleibt mit ihrer Argumentation ausschlich innerhalb der Grenzen des Kapitalismus. Sie bemängelt nur, dass die Umsetzung über das Ziel, die Firmen von ihrem Wegzug abzuhalten, hinausgeschossen ist. Wäre es eine reine Kompensation der mit dem USR III wegfallenden Steuerprivilegien, würde sie die Reform unterstützen. Die JUSO streicht hingegen die einseitige Interessenvertretung der Reform heraus. Die Regierung mache nur Steuersenkungen für Unternehmen und diese führen nur dazu, „dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.” Somit stellt sich die Regierung klar auf die Seite der Besitzenden und lässt die ArbeiterInnenklasse für die Profite der Kapitalisten bezahlen.
Leider zieht die JUSO aus dieser Erkenntnis nicht die notwendigen Schlüsse. Sie fordert die Regierung lediglich zu einem Kurswechsel auf. Doch bringt uns diese Forderung keinen Schritt weiter, denn selbst sozialdemokratische Exekutivmitglieder können in Krisenzeiten keine andere Politik betreiben. Dies zeigen die Beispiele von François Hollande in Frankreich oder Alexis Tsipras in Griechenland eindrücklich. Beide haben versprochen die endlose Abbaupolitik zu beenden und sind beide unter dem ökonomischen Druck eingeknickt.
Die Regierungen sind einem enormen Druck der Unternehmen ausgesetzt, die ein Interesse daran haben, möglichst wenig Steuern zu zahlen, da sie so ihre Profite weiter maximieren können. Ihr Druckmittel ist die Drohung ihrer Abwanderung in einen anderen Kanton oder in ein anderes Land. Viel effektiver ist also zu den Lohnabhängigen zu sprechen, die ausserdem die grosse Mehrheit der Bevölkerung bilden und die Folgen der USR III am meisten zu spüren bekommen.
Was tun?
Um die USR III und die Abbaupolitik wirklich bekämpfen zu können, bringt es nichts, immer wieder Forderungen an eine bürgerliche Regierung zu stellen. Bei einem Blick auf letzten Jahre wird schnell klar, dass dies zu nichts führt. Mit dem Umsetzungsvorschlag zeigte die Baselbieter Regierung klar, dass sie nicht auf unserer Seite steht. Vielmehr müssen wir uns an die SchülerInnen, die Studierenden, die Angestellten im öffentlichen Sektor und an die restlichen Lohnabhängigen wenden. Sie teilen die Interessen, für die wir einstehen. Diese sind jenen entgegengesetzt, welche die Regierung vertritt. Dies können wir nicht oft genug betonen!
Um Erfolg zu haben, müssen wir den Widerspruch zwischen den beiden Standpunkten aufzeigen und die wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge erklären. So können wir diejenigen zusammenbringen, welche unsere Interessen teilen. Sie müssen wir organisieren und mobilisieren, anstatt mit den andern zu diskutieren. Dabei darf der Widerstand nicht in den kantonalen Grenzen isoliert bleiben, sondern muss auf nationaler Ebene verbunden werden. Denn die Probleme der Menschen im Baselland sind dieselben, wie die in allen anderen Kantonen.
Konkret heisst das, dass die JUSO sich auf die SchülerInnen an den Gymnasien und die Lernenden konzentriert. Dass dies erfolgreich sein kann, zeigte die Demonstration von 500 GymnasiastInnen gegen Einsparungen in der Bildung. Doch so plötzlich wie diese Bewegung aufgetaucht ist, so schnell ist sie auch wieder verschwunden. Die JUSO könnte solchen Wiederständen Permanenz verleihen in dem sie an den Schulen organisierter, offener und aktiver auftritt. Sie müssen ihre Positionen mit den Lernenden und SchüllerInnen diskutieren und sie in der Partei organisieren. Nur so können wir die Abbaupolitik wirklich bekämpfen.
Jan F. & Edmée M.
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