Die Abstimmungen vom 19. Mai waren die letzten vor den Nationalratswahlen im Herbst. Zwei Vorlagen standen zur Entscheidung: die AHV-Steuervorlage (STAF) und das Referendum gegen die EU-Waffenrichtlinie. Die rechte SVP und die linke SP positionierten sich genau umgekehrt. Wieso?
Das Hauptthema der SP ist die STAF. Und sie verteidigt sie inbrünstig. Die Partei gibt sich staatstragend, stolz, endlich den Unternehmen «ausgeglichen» die Steuern gesenkt zu haben. Dafür nehmen sie Steuerausfälle in Millionenhöhe in Kauf. Auf Kantonsebene wird das zu Defiziten und Abbau führen. Kurz: Ein fauler Kompromiss!
Wie präsentiert sich die SP? 2016, am Anfang der Legislatur, versprach sie noch «eine aktive, entschlossene und wirkungsvolle Oppositionspolitik zu betreiben». Parteipräsiden Levrat wollte am Ende der Legislatur daran gemessen werden, ob die SP fähig gewesen sei, «die Zerstörung der öffentlichen Haushalte und Dienstleistungen zu stoppen und eine politische Alternative anzubieten». Es fing gut an, im Februar 2017 wurde die Unternehmenssteuerreform 3 gestoppt. Doch man blieb nicht lange konsequent. Bereits bei der Rentenreform unterstützte die SP bereitwillig Rentenkürzungen. Mit der STAF beweist die SP, dass von ihrer «Oppositionspolitik» nicht mal mehr Krümel übrig geblieben sind.
Für die SVP hingegen war die Verhinderung der Übernahme der EU-Waffenrichtlinie das Hauptthema. Diese verändert zwar nichts Wichtiges, aber die Partei hatte das Referendum lanciert, um nochmals ihre Position zur EU zu beweisen. Sie präsentierte sich gekonnt im Vorwahlkampf als einzige Opposition gegen die «schleichende Europäisierung durch die EU-Turbos» in Bern. Misst man sie an ihren eigenen Prinzipien, zeugt dies von einer konsequenteren Linie als die SP.
Referenden und Initiativen waren zentral im Aufstieg der SVP in den 90ern. Geschickt getimed und teuer beworben bewirkten sie, dass kontinuierlich über die SVP-Themen geredet werden musste. Die rechte, nationalistische Propaganda (zu der der Kampf gegen die EU gehörte) und die Hetze gegen Migranten paarte die Partei mit einer Selbstinszenierung als Oppositionspartei gegen den «Filz von Bern». Auf zynische Art erklärte sie sich zur Verteidigerin der kleinen Leute.
Doch diese «Opposition» ist rein oberflächlich. In Wahrheit ist die einzige Politik, welche die SVP konsequent verfolgt,die Verteidigung der Interessen des aggressiveren Flügels der Bourgeoisie und der Bankiers.
Der grundlegende Unterschied zur SP, als linke, eigentlich traditionelle Arbeiterpartei ist, dass ihre Opposition kein zynisches Theater wäre. Während die SVP die Interessen einer Minderheit an Finanzkapitalisten vertritt, verteidigt die SP eigentlich die Interessen der grossen Mehrheit der Gesellschaft, die Lohnabhängigen. Zwischen diesen und der rechten Mehrheit in Parlament und Regierung herrscht jedoch ein fundamentaler Widerspruch. Deshalb ist der einzige Weg, um konsequente Politik im Interesse der Lohnabhängigen zu machen, eben die Opposition.
Die Klasse der Lohnabhängigen hat gemeinsame Interessen, welche aus ihrer Position im Kapitalismus erwachsen. Sie sind nämlich alle Angestellt (besitzen weder Grosskonzerne noch Millionen). Und sie arbeiten für Lohn, den sie für ihren Lebensunterhalt brauchen. In der Geschichte konnten sie ihre Interessen immer dann gegenüber den Kapitalisten durchsetzen, wenn sie geeint am gleichen Strick zogen. Es ist die Aufgabe der SP, diese Einheit im Klassenkampf herzustellen.
Dafür braucht die Partei ein klares, sozialistisches Programm und eine Parteibasis, welche dieses bei den Leuten verteidigt. Dabei ist das Parlament nur eine der Bühnen. Sie sollte ausgenutzt werden, um zu zeigen, wie die SP ihre Versprechen konsequent verteidigt. Das Parlament muss als Schwatzbude für Kompromisse unter Kapitalisten bloss gestellt werden. Diese Arbeit muss einer bewussten Strategie zur Verankerung der Partei bei den Lohnabhängigen untergeordnet werden.
Dieses Jahr wäre das noch einfacher, denn es gibt tatsächliche Mobilisierungen: die Klimabewegung und den Frauenstreik. Für eine kämpferische Partei ist die Arbeit in diesen tausendmal wichtiger als in den Parlamentskommissionen! Schon nur die STAF-Abstimmung hätte es erlaubt, Forderungen nach kompensierender Besteuerung gegen die verschmutzenden Konzerne zu verteidigen und so auf die wahren Täter in der Klimadebatte und auf die sozialistische Lösung hinzuweisen. Und in der AHV-Diskussion wäre es ein leichtes, die umfassende Diskriminierung der Frauen im Arbeitsleben zu thematisieren und aktiv den Kampf dagegen in den Streikkomitees aufzubauen. Doch die Position der SP verhindert beides.
In einer Periode der wirtschaftlichen Stagnation ist jeder Kompromiss mit den Bürgerlichen ein objektiver Schritt zurück. Nur der Bruch mit den Bürgerlichen erlaubt es, die Interessen der Lohnabhängigen konsequent zu verteidigen. Nur eine Klassenpolitik beweist den lohnabhängigen Wählern (egal wen sie heute wählen), wer ihre wahren Interessen wirklich vertritt. Nur mit einer Oppositionspolitik gewinnt man die Jugend und die Lohnabhängigen für ein sozialistisches Programm.
Für die Redaktion
Caspar Oertli
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