Beitrag Nr. 2 zur Debatte in der JUSO rund um’s nächste Grossprojekt, das «Projekt 2020»! Die sozialistischen Kräfte müssen dringlichst aufgebaut werden. Ein Initiativprojekt ist heute ein Hindernis dafür. Der Weg geht über die Bewegungen.
(Zu unserem Projektvorschlag «Sozialismus zu unseren Lebzeiten» geht’s hier.)
Die Klimakrise gibt uns den Takt vor. Netto-Null bis 2030 ist für die Spezies Mensch notwendig. Bis 2030 muss die Arbeiterklasse die Macht erobert, und zügig die ersten Schritte im Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft eingeleitet haben. Denn der Kapitalismus ist offensichtlich weder gewillt noch fähig, die Klimkatastrophe abzuwenden. Die soziale Krise verschärft sich. Die herrschende Klasse und ihre Steigbügelhalter verschärfen den Angriff auf die Arbeiterklasse. Die noch einigermassen lebenswerten Lebensbedingungen der Lohnabhängigen werden zerstört. Zwischen unseren Bedürfnissen und den vorhandenen gesellschaftlichen Ressourcen steht das Profitmotiv. Der Kapitalismus muss gestürzt, der Sozialismus erkämpft werden. Die sozialistischen Kräfte müssen jetzt dringendst gestärkt werden.
Die Lohnabhängigen und Jugendlichen, die rund um den Frauenstreik auf die Strasse gingen, hatten klare, radikale Fragen: wie die Unterdrückung der Frau endgültig beseitigen? Wie kommen wir zur Lohngleichheit, wie die arbeitenden Frauen von der unterdrückenden, isolierenden Hausarbeit befreien? Wie den Sexismus beenden? Noch klarer der Klimastreik: Wie produzieren wir bis 2030 CO2-neutral? Die radikalsten AktivistInnen erkannten in Ansätzen, dass es im Kapitalismus keine Antworten auf diese Fragen gibt. Sie suchen nach Antworten.
Seit diesen Massenbewegungen wurden die Grünen gewählt – und ordneten sich schnurstracks den Grossbürgerlichen unter. Ein reaktionäres CO2-Gesetz steht bevor, das die Lohnabhängigen für die vom Kapitalismus verursachte Klimakrise zahlen lassen will. Und die Bürgerlichen holen geeint zum Schlag auf das Rentenalter der Frauen aus. Die SVP nutzt die verschärfte Situation auf dem Arbeitsmarkt aus, um die Arbeiterklasse rassistisch zu spalten und die Löhne zu drücken. Rassismus und Frauenunterdrückung bleiben Alltag, verschärfen sich; die Klimakatastrophe rückt bedrohlich näher. Was hat gefehlt? Ein sozialistisches Programm – und die JUSO, die es verteidigt.
Die JUSO, als sozialistische Partei der Jugend, muss es jetzt liefern. Massenbewegungen stehen bevor. Wir müssen konkret aufzeigen, dass die verschiedenen Kämpfe als Kämpfe der Arbeiterklasse gegen das Kapital und für den Sozialismus geführt werden müssen. Wir müssen zeigen: Sowohl Verbündete und Gegner im Kampf, wie auch das Ziel sind identisch. So vereinen wir die Kämpfe und geben ihnen Schlagkraft.
So ein sozialistisches Programm ist keine ideelle Konstruktion einer sozialistischen Gesellschaft. Sondern es zeigt einen realen Weg aus dem Kapitalismus in den Sozialismus auf. Es zeigt, dass die Arbeiterklasse ihre Kräfte zusammenziehen und gemeinsam kämpfen muss, um den Kapitalisten Zugeständnisse abzuringen. Es zeigt, dass schlussendlich die Arbeiterklasse die Macht ergreifen und eine neue Gesellschaft auf die Beine stellen muss – in der tiefsten Krise schon nur, um ihren Lebensstandard auf Dauer zu halten. Das ist die einzige Antwort auf die Fragen, welche die Bewegungen – bewusst oder unbewusst – stellen.
Die JUSO muss die Teile der Bewegungen für den sozialistischen Kampf gewinnen, die bereits radikale Schlussfolgerungen ziehen – und mit diesen auf höherer Stufe das Programm verbreiten. An den Demos müssen wir mit den AktivistInnen diskutieren. Für die linken politisierten Jugendlichen ist die JUSO die Referenz in der politischen Landschaft und wir können sie erreichen: Wir müssen unsere Kommunikationskanäle nutzen, und Demos zu den drängendsten Problemen anzureissen, mit kämpferischen Forderungen. Wir müssen mit Flugblättern und Standaktionen dorthin, wo die lohnabhängigen Jugendlichen im Alltag sind: an die Oberstufen, Gymis, Berufsschulen und Unis. So tragen wir das Programm in die Bewegungen. Alles andere ist ein Umweg. Die Zeit dafür haben wir nicht – haben die Ausgebeuteten und Unterdrückten nicht, deren Lebensbedingungen ohne Schlachtplan durch die Angriffe der Bürgerlichen untergraben werden.
Ein Initiativprojekt nagelt die Partei auf eine spezifische Forderung fest. Es würde bedeuten, auf Jahre hinaus mit einem Unterschriftenbogen und mit einer zufälligen Forderung in die kommenden Massenbewegungen zu gehen. Eine Kämpferin gegen die Klimakatastrophe will weder primär über horrende Management-Löhne (1:12), noch isoliert über die Besteuerung des reichsten Prozents diskutieren – sondern sie will wissen, wie die nötigen Investitionen in eine umweltschonende, nachhaltige Produktion möglich sind. Genauso ein Kämpferin gegen die Frauenunterdrückung: Sie will wissen, warum sie durch Haus- und Lohnarbeit doppelt belastet ist, warum sich das mit der Krise verschärft, und was man dagegen tun kann – und es dann auch tun. Ein Initiativprojekt kann diese notwendigen Antworten nicht geben. Es bringt weder die Bewegungen voran, noch überzeugt es diese ehrlichen AktivistInnen von der JUSO. Es nimmt uns jegliche Flexibilität – und die brauchen wir in einer Zeit, in der Bewegungen abrupt an diversen Krankheitserscheinungen des Kapitalismus aufbrechen werden.
Mit einem Initiativprojekt stellen wir uns im besten Fall eine Stufe unter das Niveau, das der Klassenkampf heute bereits erreicht hat. Im schlimmsten Fall sind wir ein Hemmnis für seine weitere Entwicklung. Das Vertrauen der radikalsten KämpferInnen in die bürgerlichen Institutionen bröckelt – die Institutionen, von denen uns vorgegaukelt wird, sie würden für uns unsere Probleme lösen: v.a. der bürgerliche Staat mitsamt seinen Parlamenten. Dass sich Hundertttausende in den letzten zwei Jahren die Strasse nahmen ist untrüglicher Beweis dafür: Wieso sonst sollten sie selbst kämpfen?
Festgenagelt auf ein Initiativprojekt sagen praktisch: «Unterstützt diese Forderung, wir übergeben dann die Initiative dem Parlament, die werden dann was machen!». Einige werden sich desinteressiert von uns abwenden. Bei anderen schüren wir die Illusion, als ob irgendein Parlament – eine «Schwatzbude» (Marx)! – die Kapitalisten und deren Staatsapparat zwingen könnte, in der tiefsten Krise des Kapitalismus die nötigen Investitionen in eine umfänglich umweltschonenden Produktion zu tätigen oder die Hausarbeit rational und gesellschaftlich zu organisieren. Die Logik des Kapitals – und ob wir das gut finden oder nicht: das ist die bestimmende Logik der kapitalistischen Gesellschaft – drückt heute exakt in die entgegengesetzte Richtung. Nicht «soziale» und «grüne» Investitionen finanziert durch die Kapitalisten stehen heute auf der Tagesordnung, sondern Sparmassnahmen auf Kosten der Lohnabhängigen.
Die SozialistInnen müssen und können sich heute auf die Fahnen schreiben: «Sozialismus zu unseren Lebzeiten!». Sie müssen: Es ist der einzige Ausweg im Interesse der erdrückenden Mehrheit und zur Rettung des erreichten menschlichen zivilisatorischen Niveaus. Sie können: Die Krise dieses Systems zwingt die Ausgebeuteten und Unterdrückten auf die Strasse, und zwingt sie, nach Auswegen zu suchen. Ein sozialistisches Programm liefert ihn, eine Initiative nicht. Die marxistische Strömung in der JUSO, der Funke, kämpft rund um das «Projekt 2020» für dieses Programm. Die JUSO muss mit sich mit ihm bewaffnen, den kämpfenden Jugendlichen zeigen, wie wir unsere Forderungen erreichen können, sie als ganz bewusste Mitstreitende gewinnen – und die nächste Bewegung mit gestärkten Kräften vorwärtstreiben. So bauen wir die Partei auf – so kommt die lohnabhängige Jugend zu dem Kampfmittel, das sie braucht – das ist der Weg zum Sozialismus zu unseren Lebzeiten!
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