Gerade wenn wir von Wirtschaftsdemokratie sprechen, stellt sich diese Frage ganz konkret. Die Forderung nach Mitbestimmung und ArbeiterInnenkontrolle nimmt einen sehr abstrakten Charakter an, wenn sie losgelöst von den Kräfteverhältnissen in den Betrieben einfach mittels einer allgemeinen Initiative in den Raum gestellt wird. Denn die Forderung nach Mitbestimmung und ArbeiterInnenkontrolle nimmt erst dann einen konkreten Charakter an, und wird somit zum Bedürfnis der Arbeitnehmenden, wenn sie sich in ihrem Betrieb mit Angriffen, wie Entlassungen, Lohnkürzungen etc. konfrontiert sehen. Dann wird die Forderung zu einer Notwendigkeit für die eigene Existenz. Dieses Problem müssen wir uns klar vor Augen führen, wenn unser Projekt über rein mediale Schaumschlägerei hinausgehen und tatsächlich die Kräfteverhältnisse zwischen Arbeit und Kapital verändern soll. Dies kann nicht durch einen begrenzten Kern an SozialistInnen per Verfassungsänderung erkämpft werden, sondern bedarf der aktiven Mobilisierung der Lohnabhängigen dieses Landes. Leider gibt es auf dem Weg zur Wirtschaftsdemokratie keine Abkürzungen sondern nur den Weg des geduldigen Parteiaufbaus und der Verankerung in den Betrieben. Wir fordern nicht Wirtschaftsdemokratie für sondern durch die Arbeitenden. Als Jungpartei fällt uns dabei klar die Rolle zu uns auf die Lernenden zu konzentrieren.
Unser Projektvorschlag soll eine offensive Lernenden-Kampagne sein. Dies mit dem Ziel mindestens 500 zusätzliche Lernende in der Partei zu organisieren und so einen ersten Schritt zu einer realen Basis in den Betrieben zu machen um letztendlich wirtschaftsdemokratische Verbesserungen durchzusetzen. Die Situation der Lernenden in der Schweiz ist zum Teil sehr prekär. Verschiedene Umfragen und auch der Lehrstellenpranger haben massive Missstände an den Tag gebracht. Lernende werden als billige Arbeitskräfte missbraucht, die Ausbildung wird vernachlässigt, Überstunden und berufsfremde Arbeiten gehören zur Tagesordnung und Mobbing bis hin zur körperlichen Gewalt kommen regelmässig vor. Diese Missstände sind zwar bekannt, aber die zuständigen Kontrollinstanzen versagen. Es ist unsere Aufgabe als Partei der jungen Arbeitenden uns direkt dem Kampf gegen diese Ausbeutung anzunehmen. Als sozialistische Partei ist es unsere Einsicht, dass die Arbeitenden die führende Rolle im Kampf für eine gerechte Gesellschaft einnehmen. Dies durch ihre Stellung in der Gesellschaft und der Produktion. Ihr Kampf in den Betrieben stellt nicht nur einen effektiven Widerstand gegen die Ausbeutung des Kapitalismus dar, sondern bildet gleichzeitig den Kern einer neuen Gesellschaft. Hierin liegt die ganze Bedeutung der Wirtschaftsdemokratie. Sie stellt nicht einfach einen Ausbau der Demokratie dar, sondern bildet die Grundform der kommenden sozialistischen Gesellschaft. Als sozialistische Jungpartei ist es daher unsere Aufgabe, gerade die jungen Arbeitenden zu unterstützen und zu organisieren.
Die Bedingungen dafür sind gut und die Möglichkeiten für unsere Partei gross. Die Erfahrungen der Lehrlingskampagne der UNIA haben zum einen gezeigt, dass der Kampf gegen die Missstände in der Lehre und die Präsenz an den Berufsschulen auf grosses Interesse bei den Lernenden stösst. Zum anderen aber auch, dass die UNIA Jugend zu schwach und zu gespalten und gleichzeitig der Apparat nicht entschlossen genug ist, einem solchen Projekt genügend Priorität zu geben, um eine solche Kampagne erfolgreich durchzuführen. Die JUSO hingegen hat die nötige Stärke um landesweit Präsenz an den Berufsschulen und Lehrlingsgruppen aufzubauen. Dies würde unsere Partei ungemein stärken und somit unserem Kampf für eine demokratische Wirtschaft eine reale Basis und Glaubwürdigkeit geben. Auch würden wir uns ganz offen mit dem Anspruch positionieren, die politische Vertretung der jungen Arbeitenden zu sein.
Derzeit liegt die Meinungsführung an den Berufsschulen klar bei den Bürgerlichen. Die Stärke der Rechten ist jedoch nur die Schwäche der Linken. In der Berufsbildung zeigt sich das ganz besonders. Dort, wo grosse Teile der Jugend die schlimmsten Ausbeutungserfahrungen ihres Lebens machen, dort, wo linke Erklärungen am nötigsten sind, überlassen wir das Feld der bürgerlichen Propaganda von Leistungswahn und Aufstiegschance für alle. Die Aufgabe von uns Sozialisten ist es, diese Mythen zu entlarven und die Ausbeutung zu bekämpfen.
Zudem würde mit unserer Berufsschulpräsenz umgehend eine öffentliche Debatte über die politische Verankerung der Parteien in der arbeitenden Bevölkerung losgetreten
Konkret soll die Kampagne darin bestehen an die Berufsschulen zu gehen und Lernende zu organisieren. Mit Aktionen, Veranstaltungen, sozialen Events etc. sollen Lernende mobilisiert und in der Partei organisiert werden. Dazu sollen die Sektionen ihre Versammlungen für den Zeitraum der Kampagne thematisch auf Lernende ausrichten, und öffentliche Veranstaltungen dazu abhalten, für die sie ganz konkret an den Berufsschulen werben.
Um der Kampagne einen gesamtschweizerischen Charakter zu geben und um ein gemeinsames Ziel zu definieren, soll an allen Berufsschulen eine breite Umfrage gemacht werden, deren Ergebnisse an einem Lernendenparlament zu einer Petition zusammengefasst werden soll. Mit der Einrichtung eines solchen Lernendenparlamentes wollen wir schweizweit klarstellen, dass wir den jungen Arbeitenden eine Stimme geben. In der Umfrage sollen verschiedene Forderungen für Lernende zur Debatte stehen, die Petition soll dann die Forderungen welche am meisten Unterstützung fanden, aufnehmen. Zusammen mit einer gesamtschweizerischen Demonstration der Lernenden sollen diese als Kampagnenhöhepunkt dann kurz vor den Wahlen eingereicht werden. Auf beide Anlässe werden wir die ganze Kampagne hindurch systematisch mobilisieren, d.h. wir werden von allen Lernenden die an der Umfrage teilnehmen, oder später die Petition unterschreiben, die Kontaktdaten aufnehmen. Dies bietet die Grundlage für die weitere Mobilisierungs-Arbeit in den Sektionen und die gezielte Gewinnung von Mitgliedern.
Erklärtes Ziel der Kampagne ist die Organisierung der Lernenden und damit der weitere, systematische Aufbau der Partei. Daher auch das Kampagnenziel, 500 Lernende zu organisieren. Alle bisherigen Versuche der JUSO gezielt junge Arbeitende für die Partei zu gewinnen, sind daran gescheitert, dass es sich um vereinzelte Versuche innerhalb von Sektionen gehandelt hat. Mit dem Juso Projekt 2015, haben wir erstmals die Chance, all unsere Kräfte fokussiert auf dieses Ziel anzuwenden und damit endlich einen Durchbruch zu erringen. Die Umfrage und Petition sind ein effektives Werkzeug für den vereinfachten Zugang zu den Lernenden, für ein einheitliches Auftreten und um Lernende zu organisieren. Erst wenn wir eine solche Basis aufgebaut haben, können wir genügend Druck erzeugen um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen und sie durchzusetzten.
Zu diesem Zweck soll auch ein öffentlicher Kampagnentitel und ein Kampagnenlogo erschaffen werden, welches einen Wiedererkennungseffekt kreieren und eine identitätsstiftende Wirkung auf die Lernenden haben soll. In diesem Rahmen soll auch das Konzept des Lehrstellenprangers wiederbelebt werden. Dieses Websitekonzept stiess sowohl in den Medien als auch bei Lernenden auf grosses Interesse. Sie kann eine sehr wichtige Rolle spielen und gewissermassen ein Informations- und Agitationsdrehpunkt der Kampagne darstellen. Als JUSO sind wir auch nicht wie die UNIA dem sozialpartnerschaftlichen Druck ausgesetzt, welche letztlich zum Abwürgen der Website geführt haben. Darum können wir auch wesentlich kämpferischer auftreten als die UNIA. Wir können dieses Konzept frei als propagandistische Front nutzen um Lernende zu Wort kommen zu lassen und Missstände aufzudecken.
Wenn wir uns entscheiden unsere Partei auf die Organisation der Lernenden auszurichten, und so eine reale Basis unter den jungen ArbeiterInnen schaffen, haben wir eine ganz andere Ausgangslage um für die Wirtschaftsdemokratie zu kämpfen. Eine solche Herangehensweise fördert eine direkte politische Eigeninitiative unter jungen ArbeiterInnen und ermöglicht ihnen ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Wir können uns als Partei der jungen Arbeiterenden positionieren und eine schlagkräftige Front junger Lernender aufbauen. So können wir die Forderungen nach Mitbestimmung unter konkreten Bedingungen in den Betrieben stellen, was ihnen erst ihre Sprengkraft auf dem Weg zum Sozialismus verleiht.
Während der ganzen Kampagne soll das oberste Ziel sein mit politischen Veranstaltungen, Aktionen und sozialen Events Lernende zu aktivieren und in die Partei zu holen.
Kampagnenplan
1. Phase (30.03.-30.05)
Lancierung Kampagne
Umfrage mit 6 Forderungen an den Berufsschulen (20’000)
Auswertung Umfrage
2. Phase (30.5.2015.-13.06)
Kundgebung zu 3 Forderungen / Abstimmung zu Petition (Lernenden Parlament)
Produktion und Vorbereitung Petition
3. Phase (13.06.-18.10.)
Auftakt Petition mit den 3 Forderungen
Sammeln der Petition an der Berufsschulen (40’000)
Demonstration in Bern zur Einreichung der Petition
4. Phase (18.10.-JV 16)
Lernenden-Aktionen
Termine
28./29.03.14 Jahresversammlung – Kampagnen Start – Lancierung Umfrage
27.06.14 Auswertung Umfrage – Parlament der Lernenden – Lancierung Petition
03.10.15. Demonstration der Lernenden – Einreichung der Petition
18.10.15. Nationalratswahlen
Weitere Angaben nach Phasen
6 Forderungen (1. Phase)
Material (1.-4. Phase)
JUSO-Lernenden-Zeitung (1.-4. Phase)
JUSO-Lehrstellenpranger (1.-4. Phase)
Aktionsideen (v.a. 4. Phase)
Kunst & Kultur — von Sylvain Bertrand, Genf — 14. 10. 2024
Arbeiterbewegung — von Martin Kohler, Bern — 10. 10. 2024
Nah-Ost — von Revolutionäre Kommunistische Internationale (RKI) — 09. 10. 2024