Am 2. Juni findet in Neuenburg eine Delegierteversammlung der JUSO statt. Der Hauptdiskussionspunkt wird ein Positionspapier zu Sozialversicherungen sein. Dieses findet ihr hier.  
UnterstützerInnen der marxistischen Strömung haben für die Delegiertenversammlung der JUSO folgende Anträge gestellt. Diese werden während der Versammlung verteidigt.

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Antrag 1:
Zeile 57-61 ergänzen und streichen

Dieser Diskurs führt zu einer Ausgrenzung, Stigmatisierung und laufenden Entrechtung der Menschen, die Sozialversicherungen beziehen und stellt alle anderen unter Generalverdacht. Das Hauptproblem ist die hinter diesem Diskurs steckende aggressive Krisenpolitik der herrschenden Klasse. Schlechte Marktaussichten und tiefes Wachstum der Produktivität fressen ihre Profite auf. Die Rechtsbürgerlichen übernahmen die Rolle des Rammbocks gegen soziale Errungenschaften. Schlussendlich geht es darum den Unternehmern Kosten zu sparen: direkt über tiefere Beiträge an Sozialversicherungen und indirekt über tiefere Steuern. Der Lebensstandard der ArbeiterInnen leidet darunter ganz direkt. Mit dem reaktionären Diskurs soll diese fundamentale Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit vernebelt werden. Der schlechtere Lebensstandard und das gesellschaftliche Klima der Angst werden wiederum von den Rechtsbürgerlichen als Nährboden ausgenutzt. Damit wird ein gesellschaftliches Klima der Angst und des Misstrauens geschaffen, welches wiederum neuen Nährboden für die Politik der Rechtsbürgerlichen bietet. Ganz wie zu Gotthelfs Zeiten.

Begründung:
Es ist durchaus erklärbar weshalb diese reaktionäre Erzählung gerade heute so verbreitet wird – Es ist ein Symptom der kapitalistischen Krise. Es wäre ein grosser Fehler so einen Diskurs als unabhängig vom Kapitalismus und vom Klassenkampf anzusehen. Diese Angriffe auf soziale Errungenschaften werden nicht verschwinden, nur weil wir den Diskurs anprangern. Die Originalfassung steckt in einem Zwiespalt: Im zweiten historischen Teil werden die miserablen Lebensbedingungen der Menschen durch die Widersprüche des kapitalistischen Systems erklärt. In der Originalfassung werden aber dann die aktuellen Angriffe rein vom Diskurs her erklärt. Damit wird der wichtigste Punkt ignoriert: Auch heute ist das Problem der Angriff auf die arbeitende Klasse im Interesse des Kapitals. Zentral ist der verschlechterte Lebensstandard und nicht einfach die Diskriminierung.


Antrag 2: Reform UND Revolution
Neuer Punkt einfügen: 118

Wie kämpfen wir für diese Forderungen – von der Reform zur Revolution
Die zentrale Frage ist: wie kommen wir zum System welches ein Leben in Würde garantiert? Was müssen wir tun um den Kapitalismus zu überwinden und wie verbinden wir den Kampf für Sozialversicherungen mit dem Sturz des Kapitalismus.
Die aktuellen Angriffe auf die AHV und die Sozialhilfe zeigen, dass Reformen vergänglich sind. Reformen sind von der ökonomischen Konjunktur sowie dem Klassenkampfniveau abhängig. Sie werden eingeführt, wenn die ArbeiterInnenbewegung genügend Druck aufbaut, können aber durch die Kapitalisten genauso wieder aufgehoben werden. Wir JungsozialistInnen kämpfen für Reformen, dabei denken wir aber immer unser grosses Ziel – den Sturz des Kapitalismus –  mit. Die Revolution bedingt die Reform und umgekehrt.
Aus dieser Analyse ziehen wir folgende Schlüsse auf unsere politische Praxis:
Nur die organisierte Arbeiterklasse kann den Kapitalismus stürzen. Es liegt an uns, die Arbeiterklasse zu organisieren. Wir unterstützen die ArbeiterInnenklasse im Kampf für konkrete Verbesserungen, denn diese Kämpfe sind die Grundlage für das Mobilisieren und Vereinen der ArbeiterInnen. Durch erkämpfte Reformen wird das Selbstvertrauen der ArbeiterInnen gestärkt. Im Kampf  lernen sie ihre eigene Stärke kennen und werden zu aktiven GestalterInnen unserer Gesellschaft.
Damit wir die ArbeiterInnen erreichen müssen wir Forderungen für ihre Anliegen aufstellen und unter ihnen für unser Programm werben. Nur so können wir die ArbeiterInnenklasse wieder unter dem Banner der sozialistischen Partei vereinen. Gleichzeitig nutzen wir unser Programm und unsere konkreten Forderungen um aufzuzeigen, dass es den allgemeinen Kampf gegen das kapitalistische System braucht – respektive dass unser Programm nicht in den Grenzen des Kapitalismus umsetzbar ist. Wir zeigen auf, wie partielle Probleme mit dem Allgemeinen – dem Kapitalismus verbunden ist.
Hat sich das Kräfteverhältnis so verschoben, dass wir trotz der Gegenwehr der KapitalistInnen unsere Forderungen umsetzen können, läuft das auf den Bruch mit dem Kapitalismus hinaus. In dieser Situation darf es keine Kompromisse mit den KapitalistInnen geben. Sondern die ArbeiterInnenklasse muss die Kapitalisten enteignen und die Kontrolle über die Wirtschaft ergreifen. So kann die Wirtschaft im Interesse aller ausgerichtet werden und eine gute Rente, gratis Gesundheitsversorgung etc. werden. Fakt.

Begründung:
Wir sprechen von: “Die Devise muss Reform und Revolution sein.”, was begeistert. Aber im Papier fehlt, was die Revolution für unsere politischen Praxis bedeutet. Bei der Reform müssen wir  die Revolution mitdenken. Deshalb finden die Antragsstellenden, dass wir uns im Papier auch der Frage stellen sollten, wie wir von der Reform zur Revolution kommen und was diese beiden Dinge miteinander zu tun haben. Reform und Revolution sind nicht voneinander trennbar. Es ist in der JUSO keine Frage, dass wir den Kapitalismus stürzen wollen. Darin sind wir uns einig. Deshalb müssen wir uns intensiv der Frage widmen, wie wir den Kapitalismus stürzen wollen, IMMER,  auch bei den Sozialversicherungen.


Antrag 3: Wie erreichen wir unsere Forderungen?
Zeilen 120-122: Streichen und ergänzen.

Leider sind wir noch nicht soweit, dass wir in einem Unser Ziel ist ein System sind, das sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, statt am Profit. In der Zwischenzeit ist es wichtig, sich für die Verbesserung der Sozialwerke einzusetzen. Der Kampf um die Sozialwerke ist das Thema, welches die ArbeiterInnenklasse in der Schweiz immer schon geeint hat. In der Schweizer Politik ist es entscheidend, in dieser Frage eine korrekte Position zu haben.
Nach dem Einknicken der SP- und Gewerkschaftsführung in der AV2020 liegt es an uns, den Lohnabhängigen der Schweiz aufzuzeigen, wie man auch in der Krise Reformen verteidigt und sogar Verbesserungen erkämpfen kann. Möglich wird dies nicht mit Hinterzimmerpolitik und «Kompromissen», welche keine sind. Unsere Politik ist kämpferisch, ehrlich und demokratisch, auch innerhalb unserer Organisationen. Unser Ziel: die konsequente Verteidigung der Interessen unserer Klasse.

Die einzige Möglichkeit dies zu erreichen ist die Mobilisierung aller Schichten der Bevölkerung um dieses Thema – denn alle sind davon betroffen. Deshalb verteidigen wir die hier gefassten Positionen auch demokratisch in den Organisationen der ArbeiterInnenklasse, allen voran der Gewerkschaft und SP. Wir gehen aktiv auf linke Exponenten zu und bauen mit ihnen konkret einen linken Flügel  auf, welche sich innerhalb der SP und Gewerkschaften für die konsequente Verteidigung aller erreichten Verbesserungen in den Sozialwerken und gegen jeden Sozialabbau wehrt.

Begründung:
Der Kampf für Sozialwerke war immer schon ein Gradmesser der Ehrlichkeit der sozialdemokratischen Politik. Die Freiheit über das Gesparte in der 2. Säule war z. B. eine zentrale Forderung der Saisonniers. Sie waren die kämpferischste Schicht der Klasse – ohne sie gäbe es zahlreiche Errungenschaften überhaupt nicht. Und auch die Unia nicht. Doch die Gewerkschaften und die SP enttäuscht die Saisonniers regelmässig und bitter. Auch ihnen gegenüber stehen wir in der Schuld. Ein weiteres dunkles Kapitel ist der Kampf des SGB gegen eine Volkspension in den 70er Jahren.
Als junge SozialistInnen ist es unsere Aufgabe, heute den Lohnabhängigen der Schweiz aufzuzeigen, dass man mit konsequenter sozialistische Politik wirklich Verbesserungen erzielen kann.
Das Papier zeigt aber nicht auf, wie wir diese Forderungen in die Praxis umsetzen können. Dafür sind zwei Element entscheidend:

  1. Der unbeirrte politische Kampf innerhalb der linken Organisationen für eine Politik ohne Konzessionen und faule Hinterzimmer-Deals. Dafür braucht es eine geeinte Politik aller linken Exponenten. Da es niemand anderes tut, müssen wir als JUSO diese Arbeit auf uns nehmen. Deshalb der Vorschlag des Aufbaus eines linken Flügels, um die Positionen dieser Resolution zu verteidigen.
  2. In einer Periode der rechten Offensive gegen alle Errungenschaften genügt der parlamentarische Kuhhandel nicht mehr. Das zeigen die zahlreichen Niederlagen schmerzlich auf. Wir brauchen eine kämpferische Politik, welche die Leute direkt mobilisiert und einbezieht. Sozialabbau (gerade in den Sozialwerken) gibt uns dazu genügend Möglichkeiten, denn ihre Resultate betreffen die Leute direkt – sie spüren sie am eigenen Leib! Nutzen wir dies und bauen mit den Betroffenen direkt den Widerstand auf. Denn befreien können wir uns  nur selber!

Antrag 4: Schwächste zusammen kämpfen
Zeile 160: einfügen

Es entspringt den Gesetzen des Kapitalismus, dass die Bürgerlichen immer zuerst und gnadenlos auf die Schwächsten losgehen. Denn vereinzelt können diese verschiedenen Schichten und Gruppen sich nicht gegen den Staat wehren. Als SozialistInnen ist es unsere Aufgabe, ihren Kampf zuerst zu ermöglichen und zu unterstützen. Und dann zu verallgemeinern und politisch in unserer Organisation zu vereinen. Gegen die geballte Faust des Staates und seiner Polizei können wir nur gemeinsam, als vereinigte ArbeiterInnenklasse gewinnen. Die JUSO baut diesen gemeinsamen Widerstand auf.

Begründung:
Teile und herrsche ist eine Strategie, welche die Schweizer Bourgeoisie zu einer Kunst erhoben hat. In dieser Situation ist es zentral, dass wir uns der Aufgabe der JUSO als Organisation bewusst sind. Passives Unterstützen (z.B. Ally-ship) sind bei weitem nicht genug, um den Kampf gegen die SVP, den Staat und die Polizei zu gewinnen. Gewisse soziale Schichten werden angegriffen, weil es ihnen physisch und psychisch nicht möglich ist, sich von alleine zu wehren. Das nützen die Bürgerlichen bewusst aus. Als SozialistInnen müssen wir also diese Schichten nicht nur zum Kampf ermächtigen, wir müssen auch politisch eingreifen und unser Programm (z. B. dieses Positionspapier) bei ihnen bekannt machen und verteidigen. Schlussendlich müssen wir aufzeigen, wieso dieser Kampf nicht beim Kampf ums eigene Butterbrot (oder Rollstuhltaxi oder IV-Rente) stehen bleiben darf. Dafür muss es unser Ziel sein, alle diese unterdrückten und ausgebeuteten Menschen bei uns zu organisieren.


Antrag 5: Wer kontrolliert die Sozialwerke
Zeile 151-152: Streichen und ergänzen
Zeile 185 neu einfügen (ein Antrag kombiniert)

Dies führt dazu, dass viele Menschen trotz einer Erwerbstätigkeit, auf Hilfe aus der Staatskasse Sozialversicherung angewiesen sind.
Die Kontrolle der Kapitalist*innen beschränkt sich nicht auf die Einnahmeseite der Sozialwerke. Die Auszahlung von Sozialleistungen erfolgt über die sogenannten Ausgleichskassen, die zu einem beträchtlichen Teil in privater Hand sind. Obschon sie einem Bundesgesetz unterstellt sind, haben damit Private eine grosse Macht über die Auszahlung von Sozialleistungen verschiedenster Art. Nicht nur sind Kapitalist*innen dadurch bestens informiert über die Verhältnisse der Versicherten, sie können auch den Vollzug von Leistungen verzögern oder gar blockieren. Damit haben sie ein starkes Druckmittel zur Hand. Besser bekannt, und sogar weit verheerender, ist die Kontrolle der Kapitalist*innen über die Arbeitslosen-, Kranken- und Pensionskassen.

Daraus ergibt sich beim Abschnitt zu den Massnahmen folgende Forderung:

  1. Allgemein:
    Private raus aus den Sozialwerken! Sämtliche Sozial-, Kranken- und Pensionsversicherungen sollen der demokratischen Kontrolle unterstellt werden. Heute privatwirtschaftlich organisierte Institutionen müssen entschädigungslos vergesellschaftet werden.

Begründung:
Der Schweizer Sozialstaat hat die paradoxe Eigenart, dass längst nicht all seine Leistungen direkt seiner politischen Kontrolle unterstellt sind. Noch viel weniger werden sie direkt von einer öffentlichen Instanz ausgeführt. Wenn wir für eine Stärkung des demokratisch-gesellschaftlich kontrollierten Sozialstaates kämpfen, dann müssen wir alle privaten Interessen daraus verbannen. Die vielen Korruptionsfälle, welche v.a. bei den Pensionskassen publik geworden sind, zeigen, dass jegliches Vertrauen gegenüber kapitalistischer Geschäftsführung hier fehl am Platze ist.

Die Redaktion