In Liverpool befanden sich die Blairites Ende September auf vollständigem Rückzug. Im Gegensatz dazu zeigte sich durchwegs die Zuversicht der Corbyn-Bewegung – sowohl im Ablauf der Konferenz als auch in den kämpferischen Wortmeldungen der linken Parlamentsabgeordneten.
Nachdem die Corbyn-Bewegung den ganzen Sommer lang von den Blairites attackiert und beschimpft worden war, gab ihr die diesjährige Konferenz die Möglichkeit, dem rechten Parteiflügel von Labour zu zeigen, wer jetzt wirklich am längeren Hebel sitzt. Und genau das tat sie auch – einerseits durch die politischen Linien, die auf der Konferenz beschlossen wurden, andererseits durch einige bemerkenswerte Kommentare von Jeremy Corbyn und John McDonnell, die den Bruchmit dem Blairismus betonten. Corbyn nutzte seine programmatische Rede, um Banker und Investoren zu attackieren. Das war ein klarer Schlag gegen die Blairites sowie ihr sklavisches Hängen an der City of London und den Interessen des Kapitalismus – eine scharfe Mahnung an Labour, die keine Partei mehr des „Big Business“, sondern eine Partei „für die Vielen, nicht die Wenigen“ sei.
Niederlage für die Blairisten
Corbyn nutzte seine Rede auch, um seinen GegnerInnen eine Friedensgeste zu vermitteln, indem er versprach, „einen Schlussstrich unter das Geplänkel wegen Antisemitismus zu ziehen“, und feststellte, dass Labour nun „geeint und bereit zum regieren ist“. In Wirklichkeit waren diese versöhnlichen Bemerkungen an seine KritikerInnen aber die Worte eines Mannes, der nun weiss, dass er fest im Sattel sitzt. Auf erfrischende Weise wurde der Ton nicht mehr von den Medien des Establishments oder von den karrieristischen Abgeordneten, sondern von den Linken festgelegt. Nachdem der rechte Parteiflügel die letzten Jahre andauernd damit verbrachte, Jeremy Corbyn mit Schmutz zu bewerfen, realisiert er langsam, dass das Spiel für ihn vorbei ist. So musste auch Laura Kuenssberg von der BBC richtigerweise feststellen,.dass Corbyn und seine Leute die Partei nun unter Kontrolle haben und die Blairisten nichts dagegen ausrichten können.
Die Basis ist radikalisiert
Das Bemerkenswerteste an der diesjährigen Konferenz war jedoch die Ausdifferenzierung, die innerhalb der Corbyn-Bewegung stattfand. Dies zeigte sich vor allem in den Stimmen über Schlüsselfragen der Parteidemokratie, konkret bei der verbindlichen Neuwahl (oder offenen Wahl) von Abgeordneten. Nach Jahren betrügerischen Verhaltens der rechten Abgeordneten kam die Basis wenig überraschend zum Schluss, dass es eine verbindliche Neuwahl braucht, um die blairistischen SaboteurInnen innerhalb der Parlamentsfraktion (Parliamentary Labour Party – PLP) rauszuschmeissen. Die Debatte rund um diese Forderung wurde aber von konservativen GewerkschaftsführerInnen konsequent blockiert. Diese haben Angst, die stabile Kontrolle über die Partei zu verlieren. Aber selbst nach der Verhinderung der Diskussion über die verbindliche Neuwahl durch die Gewerkschaft, stimmten zum Beispiel 60 bis 65 Prozent der Delegierten der CLP (Organisation der Parteimitglieder in England und Wales) gegen die Anträge des Exekutivkomitees, dass es eine Begrenzung der Mitbestimmung der Parteimitglieder bei der Wahl der zukünftigen Labour-Vorsitzenden und der KandidatInnen für das Parlament geben solle.
Demokratisierung der Arbeiterbewegung
Niemand in der Linken (außer einigen SektiererInnen am Rande der Bewegung) will einen Keil zwischen den Gewerkschaften und den Labour-Mitgliedern treiben. In der Tat waren die MarxistInnen in der Labour Party diejenigen, welche die Verbindung zwischen Gewerkschaft und Labour in den dunklen Tagen der Ära Blair verteidigten. Aber es gab eine klare Spaltung zwischen den Stimmen der Gewerkschaftsdelegierten und jenen der RepräsentantInnen der CLP auf der diesjährigen Konferenz. Dieses Problem muss gelöst werden, damit die Bewegung einheitlich nach vorn schreiten kann. Der einzige Weg dazu ist, den transformativen Charakter der Corbyn-Bewegung in die Gewerkschaft zu tragen, die gesamte Arbeiterbewegung zu demokratisieren und neu zu beleben.
Kämpferische Stimmung
Die heurige Labour-Konferenz zeigt deutlich, dass die Parteimitglieder ermutigt und radikalisiert aus den Vorkommnissen der letzten drei Jahre hervorgegangen sind. Jede Attacke und jede Bedrohung durch das Establishment und die Big-Business-RepräsentantInnen innerhalb der PLP haben zu einer Gegenreaktion der ArbeiterInnen und der Jugend geführt. Das hat sich in Liverpool auch durch die kämpferischen Kommentare vieler linker Labour-Abgeordneter wiedergespiegelt. Dawn Butler, Abgeordneter für Brent Central, zog sofort den Ärger der Labour-Granden auf sich, als er es wagte, den Kampfgeist des Labour-Stadtrats von Liverpool in den 80er Jahren zu loben, dessen Motto dem von George Lansbury und der Steuerrevolte von 1921 nachempfunden war: „Es ist besser, das Gesetz zu brechen, als die Armen.“ Laura Smith, Abgeordnete für Crewe und Nantwich, bekam einen Riesenapplaus, als sie zu einem Generalstreik aufrief, um die Tory-Regierung zu stürzen. Diese Forderung findet einen enormen Widerhall unter den ArbeiterInnen. Tom Watson, stellvertretender Vorsitzender von Labour, versuchte sofort zu beschwichtigen, und meinte, dass Smith während ihrer Rede „ein wenig mitgerissen wurde“. Auf skandalöse Weise ging er noch weiter, indem er den bisher einzigen Generalstreik in der britischen Geschichte (1926) als „absolutes Scheitern für die Arbeiterklasse“ bezeichnete. Solche Versuche, die Corbyn-Bewegung zu zügeln, werden nicht funktionieren. Was wir gerade sehen, ist eine neue Generation von Abgeordneten, die unter dem enormen Druck von unten der wachsenden Radikalisierung der BasisaktivistInnen eine Stimme gibt. Die einzige Enttäuschung ist, dass dieser Aktivismus nicht von der gesamten PLP wiedergegeben wird. Daher braucht es eine verbindliche Neuwahl der Abgeordneten – um echte KlassenkämpferInnen zu haben, welche die Bewegung repräsentieren und für ein sozialistisches Programm mutig eintreten. Wenn das geschafft ist, überleben die Tories keine weitere Woche.
Adam Booth
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