Ketten ölen, Schubstangen fetten, Flachriemen erneuern, schrauben, reparieren und dokumentieren machen meine Arbeit als Maschinenwart in verschiedenen Studios einer Fitnesscenter-Kette aus.

Mein Job hat viele angenehme Seiten: Die Kunden und Trainer schätzen meine Arbeit. Auch kann ich selbst entscheiden, wie und wann ich meine Wartungen und Reparaturen mache, weil ich mir die Wochenstunden selbst einteilen kann. Ausserdem habe ich keinen Chef, der mich pausenlos überwacht oder mir vorschreibt, wie ich meine Arbeit zu erledigen habe. Früher habe ich bei derselben Firma als Trainer gearbeitet und einige Vorgesetzte waren damals leider genauso wie gerade beschrieben.

Andererseits gibt es auch Punkte, die nicht so angenehm sind: Maschinenwartung ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Reisst zum Beispiel ein abgenutzter Flachriemen, an dem gerade 300 Kilo hängen, kann es für Trainierende gefährlich werden. Doch der gezahlte Lohn für die Verantwortung ist gering und es gibt keine Aussicht darauf, dass er irgendwann in Zukunft steigen würde. In Vollzeit würde es finanziell kaum zum Leben reichen. Ausserdem wird bei der Ausbildung stark gespart: Eine kleine zweitägige Ausbildung über Theorie und Praxis ist einfach zu wenig, vor allem für Leute, die keinen technischen oder mechanischen Beruf erlernt haben und mehr oder weniger von Null anfangen. Man wird oft ins kalte Wasser geworfen und soll einfach mal machen, was doch in einigen Situationen verunsichern und im schlimmsten Fall zu Unfällen beim Training führen kann. Es gibt zwar ein Handbuch für einige Handgriffe mit Beispielbildern, doch manche Reparaturen sind zu komplex und die Maschinen zu unterschiedlich, als dass ich grössere Wartungen mittels kurzer Beschreibung und ein paar Bildern einfach umsetzen könnte. Was nötig wäre, wären viel mehr Praxisübungen und mindestens 1 Woche Schulung, um die grössten Unsicherheiten zu beseitigen. In der Realität sitzen im Ausbildungskurs oft 8-9 Teilnehmende mit einem einzigen Ausbilder. Und so ist die Zeit viel zu knapp dazu, dass die angehenden Maschinenwärter durch praktisches Arbeiten an den Maschinen wichtige Übungen machen könnten. 

Die Geräte im Studio werden exklusiv von derselben Fitness-Kette entworfen und fabriziert. Das heisst konkret, das Unternehmen hat sogar ein Interesse daran, dass ihre Geräte Jahrzehnte halten und so konstruiert werden, dass sie theoretisch relativ einfach repariert werden können. Im kapitalistischen System ist das schon lange eine Seltenheit geworden: der geplante Verschleiss und die Unmöglichkeit, Dinge zu reparieren sind keine Zufälle, sondern flächendeckend einkalkuliert. Geschuldet ist das der ständigen Konkurrenz und dem Profitzwang. Hätten Produkte eine längere Lebensdauer, wäre das zwar super für Mensch und Umwelt. Doch die Kapitalisten würden bald auf den produzierten Waren sitzen bleiben. Einfach ihre Produktion herunterzufahren und auf Profite zu verzichten würde sie dann zwangsweise ihren ganzen Reichtum und Macht kosten. Deswegen wird absurderweise extra so produziert, dass Geräte viel schneller kaputt gehen, damit man sich Sachen immer und immer wieder neu kaufen muss.

Wie absurd sich das System auf meinen Job auswirkt, zeigt sich auch bei Reparaturen: Wenn es um Ersatzteile für die Fitnessgeräte geht, bekomme ich diese leider weder schnell noch günstig. Anstatt dass die Verschleissteile von derselben Firma einfach mitproduziert würden, wurde die Ersatzteilfirma ausgelagert. Die Geschäftsleitung der «Fremdfirma» im Ausland überschneidet sich übrigens mit der Fitness-Kette. Warum man diesen komplizierten Weg geht, ist mir schleierhaft, aber offensichtlich nützt es Chefs und Shareholdern.
Ob man dadurch in der Chefetage einfach doppelt absahnt oder das Hauptunternehmen Steuern vermeiden kann, weiss niemand so genau. Für uns, die tatsächlich im Betrieb arbeiten, und für die Kunden bringt es nur zusätzliche Probleme: Lieferungen von Ersatzteilen in die Schweiz dauern oft mehrere Wochen. Auch Verschleissteile haben astronomische Preise. Und so kann es zum Beispiel gut sein, dass man statt kaputte Polster schnell zu erneuern, sie einfach mit Filzstift übermalt oder Maschinen stillgelegt werden müssen, weil dafür kein Budget vorhanden sei oder die Lieferung wieder zwei Monate dauert. Obwohl mit dem Bild eines Premium-Unternehmens geworben wird und die Abo-Preise dementsprechend hoch sind, ist das alles andere als Premium.

Alles in allem macht mir meine Arbeit Spass, weil sie sinnvoll und abwechslungsreich ist. Wirklich erfüllend kann sie aber erst werden, wenn sie nicht mehr durch kapitalistische Sparzwänge und Irrationalität beherrscht wird, sondern meine Kollegen und ich selbst bestimmen, wie der Betrieb am besten laufen kann.

Anonym
21.10.2021

Bildquelle: flickr, Olle Svensson