Die SP begründet ihre Existenzberechtigung folgendermassen: Ohne die SP gäbe es ein bürgerliches Rambazamba und der Sozialstaat in der Schweiz wäre im Nu weggespart. In der Realität aber macht die Parteispitze freudig beim Rambazamba mit. So auch bei der AHV-Steuervorlage. Was geht da ab?
Die Schweiz im Zugzwang
Möchte man in der Politik etwas bewirken, muss man verstehen, welche Entwicklungen in der Wirtschaft vor sich gehen und was sie bedeuten: Seit 2008 steckt die Wirtschaft in einer heftigen Krise. Diese verschärft die Konkurrenz unter den Staaten und Unternehmen. Die Staaten entlasten ihre Unternehmen mit Steuersenkungen. So werden sie wettbewerbsfähiger auf dem Markt. Die USA, Frankreich und Großbritannien sind nur wenige Beispiele dafür. Es ist die Konkurrenz, welche den Schweizer Staat zwingt, ebenfalls die Steuern für Unternehmen zu senken (und nicht der OECD-Druck wegen den Steuerprivilegien). Weniger Einnahmen bedeuten aber weniger Ausgaben. Und so bleibt in Krisenzeiten kein Geld für den Sozialstaat.
Direkte Demokratie: Farce oder Tragödie?
Sind wir uns dessen bewusst, wird klar: die Reformen, welche die Bürgerlichen «wollen», sind eine Notwendigkeit. Komme was wolle, sie müssen durchgepeitscht werden. Die AHV-Steuervorlage enthüllt: auch die Schweizer Demokratie ist eine Farce. Im Februar 2017 stimmten die SchweizerInnen gegen die Unternehmenssteuerreform USR III. Im September 2017 stimmten die SchweizerInnen gegen die Rentenrefom 2020. Die Abstimmungsresultate waren die ersten signifikanten Siege der Linken seit Jahren, doch sie wissen nicht, wie man darauf aufbaut. Die Linken wären in der Position gewesen, in die Offensive zu gehen!
Stattdessen hilft Alain Berset Ueli Maurer, die bereits abgelehnten Reformen neu zu verpacken und klammheimlich am Volk vorbeizuschmuggeln. Das Referendumskomitee gegen diese neue Steuerreform STAF verhinderte dies. Hier wird offensichtlich, dass die Meinung der Lohnabhängigen nur gilt, solange die Bürgerlichen erreichen, was sie wollen. Kommt ihre Steuerreform nicht durch, ignorieren sie die Abstimmungsergebnisse.
Die SP trägt eine rosarote Brille
Die SP-Spitze verteidigt Kompromisse mit den Kapitalisten und steht so vermehrt selbst an der Spitze von Konterreformen. Diese Kompromisse brauche es, um beispielsweise die Erhöhung des Frauen-Rentenalters zu verhindern. Aber die SP täuscht sich. Sogar die NZZ betont “Die Schweiz kommt ohnehin nicht um das Frauenrentenalter 65 und weitere strukturelle Massnahmen herum.” Die Bürgerlichen müssen das Rentenalter der Frauen erhöhen, um Kosten zu sparen.
Viele Lohnabhängige, welche die SVP wählen, haben gegen die USR III und AV2020 gestimmt. Es wäre die Aufgabe der SP und der Gewerkschaften, diese zu mobilisieren. Dafür braucht es eine konsequente linke Politik, welche die Kapitalisten entblösst, begleitet von Mobilisierungen und Arbeitskämpfen, um die rechte Politik auch in den Betrieben und dem öffentlichen Dienst zu bekämpfen. Dies ist aber nur mit einem Bruch ihrer bisherigen Praxis möglich.
Fett verarscht
Der AHV-Teil des Deals sieht vor, dass die Arbeitnehmenden mehr in die AHV einzahlen, ohne dafür eine höhere Rente zu bekommen. Ende Monat haben die Lohnabhängigen weniger Lohn zur Verfügung. Dies ist kein Erfolg, sondern eine Konterreform. Und noch viel weniger ist es ein Argument, eine der grössten Steuersenkungen der letzten Jahre durchzuboxen!
Was die Lohnabhängigen in Zeiten steigender Lebenskosten brauchen, ist eine konsequente Verteidigung ihrer Interessen. Es braucht eine Verbesserung der Sozialversicherungen und das Senken der Kosten von Krankenkasse und Mieten. Stattdessen schaffen sie es nicht mit dem Deal die Erhöhung des Rentenalters zu verhindern. Sie senken die Löhne durch die AHV, versuchen die STAF salonfähig zu machen und wollen sie verbittert umsetzen!
Gefangen im Rambazamba
Doch weshalb passiert das der SP, und zwar immer öfters? In Zeiten der Krise gibt es keinen finanziellen Spielraum für einen Sozialstaat, geschweige denn für neue Reformen. Reformistische Parteien sind jedoch nicht bereit mit dem Kapitalismus zu brechen. Dies zwingt sie, die Spielregeln des Kapitalismus und alle seine Kehrseiten zu akzeptieren: Krise, Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen etc. So werden sie schlussendlich zu Verteidigern des bürgerlichen Regimes und damit des Kapitalismus. Deshalb ist es der SP völlig unmöglich, die Interessen der Lohnabhängigen zu verteidigen. Doch genau das wäre möglich, wenn man das Kräfteverhältnis ändern will. Stattdessen werden sie zur Speerspitze der bürgerlichen Angriffe auf die Lohnabhängigen und schaufeln sich so ihr eigenes Grab.
Sophia Montoya
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