Zehn Jahre sind vergangen, seit der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers die Weltwirtschaft in ihre tiefste Krise seit den 1930er Jahren gestürzt hat. 2008 leitete eine neue Epoche ein. Wir haben zehn Jahre der permanenten Krise hinter uns, zehn Jahre der aggressiven bürgerlichen Krisenpolitik. Die Profite der Reichen wurden gerettet, bezahlen mussten die Lohnabhängigen. Doch selbst mit diesem hohen sozialen Preis: Gelöst wurde kein einziges der grundlegenden Probleme. Der Kapitalismus befindet sich in der Sackgasse.
Die Zentralbanken hatten als Antwort auf die Krise Milliarden von Franken in die Wirtschaft gepumpt, um diese wieder «anzukurbeln». Die Leitzinsen wurden auf ein Rekordtief gesenkt. Dafür musste die massive Verschuldung der Staaten, der Unternehmen und der Haushalte in Kauf genommen werden. Gerade das droht aber einen neuerlichen Einbruch auszulösen. Wann also die Zinsen anheben, wenn nicht jetzt, wo die Wirtschaft sich zumindest oberflächlich gesehen leicht erholt? Aber den aktuellen Weg zu verlassen birgt ebenso das Risiko eines erneuten Einbruchs. Bereits die kleinen Zinserhöhungen durch die US-Notenbank haben die «aufstrebenden» Schwellenländer in die Krise geschleudert. Ihre Schuldenkrise hat das Potenzial, sich wie ein Flächenbrand auszubreiten. Die Krisenpolitik der letzten zehn Jahre bereitet den Boden für die nächste Krise – und raubt sich dabei auch gleich noch die Instrumente, um gegen diese anzukämpfen.
«Doch was sind die Alternativen?»
Die Ekstase der Zeit vor 2007/08 ist verflogen. Heute herrscht in weiten Teilen der herrschenden Klasse eine nüchternere Stimmung – und eine grosse, völlig berechtigte Hilflosigkeit. Artikel aus der bürgerlichen Presse, die bereits auf die nächste Finanzkrise hinweisen, sind keine Seltenheit mehr. Aber es ändert nichts, dass die herrschende Klasse und ihre Lakaien die trüben Wolken am Horizont erkennen. Sie sind gefangen in ihren eigenen Widersprüchen und Zwängen, für die es innerhalb des Kapitalismus keine Lösung gibt.
Sinnbildlich für diese Ausweglosigkeit steht der SNB-Präsident Thomas Jordan. Im Interview mit der NZZ konnte er sich der pikanten Frage nicht entziehen: «Die Notenbanken reagierten mit extrem expansiver Geldpolitik auf die Krise. (…) Streut man so nicht die Saat für künftige Krisen?». Seine Antwort war ernüchternd: «Der Einwand mag berechtigt sein. Doch was sind die Alternativen?».
Dazu kommen das Gespenst des Protektionismus und der drohende Handelskrieg. Doch so laut die selbsterklärten «besonnenen» Teile der Bourgeoisie auch gegen die Irrationalität von Trump pochen mögen, auch hier handelt es sich um einen Widerspruch eines globalen Kapitalismus in seiner tiefen Krise. Die globale Überproduktion, die wahre Grundlage der aktuellen Krise, drängt auf die Arbeitslosigkeit. Der Schutz der eigenen nationalen Wirtschaft durch protektionistische Massnahmen heisst nichts anderes als die Konsequenzen der Krise – v.a. die Arbeitslosigkeit – in andere Länder zu exportieren.
Es ändert nichts, dass die herrschende Klasse die trüben Wolken am Horizont erkennt. Sie ist gefangen in ihren eigenen Widersprüchen, für die es innerhalb des Kapitalismus keine Lösung gibt.
Die Spirale aus Handelsbarrieren und Gegenschlägen drohen den Kapitalismus in eine weitere tiefe Rezession zu stürzen, «doch was sind die Alternativen?». Was die Bourgeoisie auch macht, es führt zur weiteren Verschärfung der gesellschaftlichen Widersprüche und bereitet damit nur die nächste Explosion vor.
Ihre Hilflosigkeit ist unser Optimismus
Diese Situation führt noch in einen weiteren, entscheidenden Widerspruch: Bei Abwesenheit anderer Mittel können die Kapitalisten ihre Profite nur auf Kosten der ArbeiterInnen retten. Die Angriffe auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterklasse verschärfen jedoch den sozialen Konflikt und untergraben die politische Stabilität. Der herrschenden Klasse rutscht der Boden unter den Füssen weg.
Diese Angriffe auf die Arbeiterklasse gehen nicht am Bewusstsein der Massen vorbei. Überall kommen die Leute in Bewegung, treten in den Kampf für Veränderung. Wir haben Massenbewegungen, Generalstreiks, revolutionäre Erhebungen, den Zusammenbruch langjähriger systemtragender Parteien und den Aufstieg neuer Formationen links und rechts gesehen. Diese weltweite Verschärfung des Klassenkampfes wird sich in den nächsten Jahren nicht nur weiter akzentuieren, weil die Probleme von 2008 nicht gelöst sind. Sie wird es umso mehr, als die Krise beim nächsten Einbruch eine noch grössere Dimension annehmen wird.
Die Zuspitzung der Kämpfe mag bisweilen bizarre Ausdrücke annehmen. Aber während alle nur noch schwarz sehen, kann diese Entwicklung uns MarxistInnen nur mit Optimismus und Kampfgeist erfüllen. In dieser Situation ist ein riesiges Potenzial für die gesamte Menschheit angelegt. Es liegt in unseren eigenen Händen, ob dieses Potenzial ausgeschöpft wird oder nicht. Es liegt an uns selbst, die Kraft aufzubauen, die gerüstet mit den richtigen Ideen, die enorme gesellschaftliche Energie der Arbeiterklasse kanalisieren und in die richtige Bahnen leiten kann. Der Kapitalismus hat uns heute nichts mehr zu bieten als Barbarei und Elend. Aber ein Weg steht uns weit offen: der Aufbau des Sozialismus.
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