Die folgende Rede hielt Stamatis Karagiannopoulos von der „Kommunistischen Strömung in SYRIZA“ auf der Zentralkomiteesitzung der Partei am 4. Januar.
„Genossinnen und Genossen,
mit Hinblick auf die Wahlen am 25. Januar kann sich die politische Mission von SYRIZA nicht darauf beschränken, einige an das Memorandum gekoppelte Gesetze zu beseitigen bzw. auf einen Verhandlungserfolg mit den grossen Kreditgebern des Landes hinzuwirken. SYRIZA steht heute vor einer historischen Aufgabe. Wir sind aufgerufen die Arbeiterklasse in einem offenen Krieg zu führen, ein Krieg, den uns das Kapital erklärt hat, um die reaktionäre Politik des Spardiktats der vergangenen fünf Jahre abzusichern. In diesem Krieg hat das Kapital bereits begonnen, alle Instrumente, die ihm zur Verfügung stehen, einzusetzen: die Kontrolle über die Wirtschaft, den Staat und die Medien. Die Kampagne der letzten Tage zielt darauf ab, Teile der Bevölkerung zu verunsichern und einzuschüchtern und SYRIZA in die Defensive zu treiben.
Die GenossInnen der Parteiführung scheinen auf einen derartigen Angriff nicht ausreichend vorbereitet zu sein. Sie wirken betreten, aber die Ursache für diese Verlegenheit ist nicht psychologischer, sondern politischer Natur. Die Führung muss ein Regierungsprogramm entwickeln, das imstande ist den Klassenfeind zu entwaffnen, d.h. den Bürgerlichen die Kontrolle über die Ökonomie und den Staat zu entreissen. Die Parteiführung geht jedoch einen anderen Weg und stützt ihr Programm auf ein völlig instabiles Fundament: All die Reformen und Massnahmen im vorliegenden Programm, die gegen das Memorandum gerichtet sind, so unterstützenswert sie auch sind, basieren auf der utopischen Annahme, dass die Troika (EU, EZB, IWF) dieses Programm nicht nur tolerieren werden, sondern es sogar unterstützen werden, obwohl es das Ende der Politik bedeuten würde, die sie selbst Griechenland bisher aufgezwungen haben.
Es ist, als würde man glauben, man könne einen Krieg dank der Nachsicht des Gegners gewinnen. Dieser utopische Charakter des Programms ist die Ursache, warum die Angstmacherei Wirkung zeigt.
Genossinnen und Genossen, die Kommunistische Strömung hat die GenossInnen der Parteiführung von Anfang an gewarnt, dass wir mit diesem Programm, sofern es nicht durch ein wirklich sozialistisches Programm ersetzt wird, böse und sehr schmerzhafte Überraschungen erleben werden.
Die Geschichte lehrt uns, dass jede politische Kraft, die versucht, den Kapitalismus zu verwalten, ein tragendes Element der Krise wird. Eine SYRIZA-Regierung wird dabei keine Ausnahme machen.
Als Kommunistische Strömung halten wir an den Standpunkten fest, die wir auf dem Gründungskongress vertreten haben. Heute stellt sich die Programmfrage mit umso grösserer Dringlichkeit, weil es darum geht, eine umfassende Alternative, ein sozialistisches Regierungsprogramm vorzulegen. Ein Programm, das nicht auf Illusionen basiert, sondern auf der Überzeugung, das nur die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und eine demokratische Planwirtschaft die KapitalistInnen entwaffnen kann und das in ganz Europa beispielgebend sein würde, was die Troika in die Defensive bringen würde.
Genossinnen und Genossen des Zentralkomitees, bevor Ihr dieses Programm als „zu extrem“ abtut, macht Euch die Mühe Euch damit auseinanderzusetzen, lasst Euch von einigen der zentralen Punkte des Programms positiv beeinflussen.
Die Ideen, die sich in diesem Programm finden, sind zwar heute nur der Standpunkt einer kleinen Strömung in der Partei, aber sie bringen eine starke und dringliche Notwendigkeit zum Ausdruck.
Die Notwendigkeit der Arbeiterklasse, sich nicht nur von den Krisensymptomen zu befreien, sprich der Austerität, dem Memorandum und der Staatsverschuldung, sondern auch von der Ursache der Krise, dem Kapitalismus selbst.“
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