(C) Foto František Matouš
Die friedliche und bewilligte Demonstration war die grösste, die Basel in den letzten Jahren gesehen hatte. Aufgerufen zum Protestzug hatte das „Revolutionäre Bündnis gegen die Diktatur in der Türkei“, ein Zusammenschluss aus Parteien und Gruppen der kurdischen und türkischen Linken, dem auch verschiedene Schweizer Organisationen angehören. Der Demozug zog ab 14 Uhr von der Claramatte über die Wettsteinbrücke zum Barfüsserplatz, wo diverse Redebeiträge gehalten wurden.
Die Stimmung war wütend, die Slogans „Kindermörder Erdogan!“, „Terrorist Türkei!“ und „Afrin! Afrin! Solidarität!“ wurden immer wieder von der Menge aufgenommen. Auf Transparenten wurde den in Afrin gefallenen Kämpferinnen der YPG/YPJ gedacht.
Die Situation in Afrin führt uns allen die Lage der Kurden und Kurdinnen vor Auge. Sie entlarvt das zynische und barbarische Gesicht des Imperialismus: Die kurdische Bewegung wurde zynisch von den imperialistischen Mächten der USA, der Türkei und Russland missbraucht. Erdogan setzte selbst auf die Unterstützung der kurdischen Bewegung, da er sich als kompromissbereite zeigte. Kaum wurde die linke und kurdisch geprägte Partei HDP zu einer Gefahr für seine Macht, erklärt er der kurdischen Bewegung den Krieg. Er mobilisierte die Truppen der “freien syrischen Armee” – de facto Erdogans starker Arm in Syrien – und schloss einen Pakt mit Russland, welches sich aus dem Gebiet zurückzog und so Afrin ans Messer lieferte. Die USA, welche im Kampf gegen den IS mit kurdischen Milizen zusammenarbeitete – das heisst sie den Zielen der US Army unterstellte – überlässt die kurdische Bewegung der türkischen Schlachtbank. Ihr Ziel war stets der Sieg über den IS, die Leben der Kurden und Kurdinnen sind ihnen egal. Diese imperialistischen Mächte interessen sich alle nur für billiges Öl und geopolitischen Einfluss. Wir dürfen keinem von ihnen vertrauen.
Die Demonstration wurde von einem Grossaufgebot der Kantonspolizei in Vollmontur Basel-Stadt argwöhnisch beobachtet. Damit begnügten sich die Ordnungskräfte jedoch nicht, sondern griffen vor, während und nach der Demonstration auf Teilnehmende zu. Vor allem solidarischen SchweizerInnen wurde durch Personenkontrollen und Hinweise, den Platz zu verlassen, die Teilnahme an der Demonstration erschwert oder verunmöglicht. Die Polizei liess es sich nicht nehmen, die Kontrollierten illegalerweise zu fotografieren.
Doch schon vor der eigentlichen Demo, wurden AktivistInnen mit Repression konfrontiert. Vor dem Büro des Revolutionären Aufbaus fuhren mehrere Kastenwägen auf, vermummte Beamte in Vollmontur riegelten die Umgebung ab, andere verschafften sich ohne Durchsuchungsbefehl zugriff zum Lokal und beschlagnahmten Material für die Demo, unter anderem ein Transparent. Drei Personen wurden ohne Begründung auf den Polizeiposten mitgenommen, wie der Pressemitteilung des Bündnisses zu entnehmen ist. Die Verhafteten sollen sich der Amtsgewalt widersetzt haben, was von Augenzeugen gegenüber der TagesWoche bestritten wird.
Die Polizei rechtfertigte ihr fragwürdiges Vorgehen bei der Razzia im Kleinbasel damit, dass der Revolutionäre Aufbau eine eigene, nicht bewilligte Demonstration geplant habe. Die Polizei schafft hier einen Präzedenzfall, nachdem zukünftig AktivistInnen beliebig mitgenommen werden können, immer mit dem Argument, es hätte eine unbewilligte Nachdemo geben können. Diese Darstellung weist das Bündnis der Organisatoren entschieden von sich. Als nach der Schlusskundgebung beim Verlassen des Barfüsserplatz erneut Menschen kontrolliert und mitgenommen wurden sprach sich eine Vertreterin des Bündnisses gegen die Verhaftungen (zu diesem Zeitpunkt 37) aus und stellte klar, dass man sich solidarisch erkläre und die restlichen Versammelten auf dem Platz bleiben sollen bis alle Gefangenen freigelassen seien. In der Pressemitteilung verurteilt das Bündnis die Verhaftungen als „Teil eines Spaltungsversuchs, der sich gegen die gemeinsamen Kämpfe kurdischer, türkischer und Schweizer AktivistInnen richtet.“ Dem können wir nur zustimmen.
Zwar ist es nicht überraschend, dass sich die Basler Polizei unter FDP-Saubermann Baschi Dürr zum Helfer des Erdogan-Regimes in der Schweiz macht. Nach dem Fall des mutmasslichen Türkei-Spitzels im Basler Polizeikorps, dem Skandal um eine Fiche über eine Veranstaltung des kurdischen Kulturzentrum im Ständeratswahlkampf 2015 und die Einschätzung der PKK als Terroroganisation „vergleichbar mit dem IS“ (O-Ton Dürr) durch die mehrheitlich rot-grüne Basler Regierung ist klar, wer auf welcher Seite steht. Diesen Droh- und Spaltungsversuchen der Lakaien der AKP-Diktatur und des Kapitals setzen wir unsere internationale Solidarität entgegen.
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