Das Waadtland ist ein Vorbild für den Kampf gegen Sparmassnahmen im ganzen Land. Eine historische Streikbewegung fegt über den Kanton: der öffentliche Dienst sagt Nein zu Sparmassnahmen. 8’000 Angestellte haben drei Streiktage hinter sich und zwei Mal demonstrierten über 24’000 in den Lausanner Strassen. Pflegende, Lehrpersonen und Sozialarbeitende streiken gegen direkte Lohnkürzungen, Kürzungen im Gesundheitswesen und das Fehlen jeglicher Verbesserungen, die so dringend nötig sind.
Auch die Universität Lausanne beteiligt sich: Gegen die geplante Erhöhung der Studiengebühren schliessen sich die Studierenden und Uni-Angestellte dem Streik an. Bis heute kämpfen rund ein Drittel der Angestellten des öffentlichen Dienstes gegen das Budget.
Während die Regierung schweigt, bereiten sich die Angestellten auf weitere Mobilisierungen vor. Die Dynamik der Bewegung nimmt weiterhin zu. Diese Wochen finden zwei weitere Aktionstage sowie ein Streik am 4. Dezember statt. In den Vollversammlungen der Streikbewegung wird zudem die Frage des unbefristeten Streiks offen diskutiert.
Die Sparmassnahmen sind ein harter Schlag – doch sie allein lösen die Wut nicht aus. Die Regierung sucht tausend Wege, die Krise auf die Schultern der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuwälzen, nachdem sie jahrelang Steuergeschenke verteilt und Gesetze gebogen oder gebrochen hat, um den reichsten Schichten bessere Bedingungen zu verschaffen. Doch es sind Pflegende, Lehrkräfte und Sozialarbeitende, die die Gesellschaft am Laufen halten: Sie heilen Krankheiten, bilden Kinder aus und sichern ein würdiges Leben für alle.
Die Streikenden prangern auf Demoschildern und in Interviews lautstark an, dass Regierungsmitglieder mit Limousinen ans WEF fahren und der ehemalige Staatsrat Broulis über Jahre die Gesetze nicht korrekt angewendet hat, um den Reichen Millionen an Steuergeschenken zu verschaffen. Gerade die Angestellten des öffentlichen Dienstes, die von oben oft als «privilegiert» abgestempelt werden, stellen heute die entscheidende Frage: «Wer ist hier wirklich privilegiert?» Die Regierung handelt nicht im Interesse der Arbeiterklasse, sondern im Interesse der reichsten Schichten dieser Gesellschaft. Sie und ihre politischen Vertreter profitieren von echten Privilegien.
Der Widerspruch bricht jetzt auch auf der politischen Ebene offen auf. Die Regierung wird zunehmend verhasst, und auch die SP-Regierungsräte geraten unter starken Beschuss. Gewerkschaften und Streikende fordern sie offen dazu auf, mit der Kollegialität zu brechen und das Sparbudget abzulehnen.
Im Zentrum der Kritik steht besonders Rebecca Ruiz (SP), Chefin des Gesundheits- und Sozialwesens, die die Krisenpolitik der vergangenen Jahre mitgetragen hat. Am dritten Streiktag kündigte sie ihren Rücktritt im Frühling an – offiziell aus «gesundheitlichen Gründen». Sie beteuert, dies habe nichts mit den Mobilisierungen zu tun, und meint, Kritik komme einzig aus dem «linksradikalen» JUSO-Lager.
Damit ignorierte sie bewusst, dass die Aufforderung, endlich eine Seite zu wählen, aus der Streikbewegung selbst kommt.
Lausanne weist den Weg für die Arbeiterklasse und den öffentlichen Sektor in der ganzen Schweiz. Der Unmut ist überall spürbar. Aber das Waadtländer Beispiel zeigt, dass wenn die Gewerkschaften einen Plan vorlegen, wie gekämpft werden kann, dies auch zu wirklichen Kämpfen führt. Darum ist diese Streikbewegung jetzt schon von grosser Bedeutung für die ganze Schweiz.
Die Angestellten des öffentlichen Diensts im Waadtland haben verstanden: Wenn wir dieses Budget stoppen und die Massnahmen verhindern wollen, müssen wir die Regierung nicht freundlich bitten – wir müssen sie dazu zwingen. Ihr Hebel ist es, die Arbeit niederzulegen und die Gesellschaft lahmzulegen.
Die Verachtung und das Schweigen der Kantonsregierung nach drei Streiktagen bestätigen, dass viel Druck aufgebaut werden muss, um die Forderungen der Angestellten durchzusetzen.
Darum steht in Lausanne die Forderung nach einem unbefristeten Streik im Raum. Das heisst, so lange weiter zu streiken, bis die Sparmassnahmen zurückgenommen werden. Ziel ist nicht, lediglich ein Zeichen zu setzen, sondern ein alternatives Budget durchzusetzen – eines, das die Interessen der Arbeiterklasse vertritt.
Die Gewerkschaftsführung muss alles daran setzen, diese Forderung nach dem unbefristeten Streik zu nutzen, um alle streikenden und noch nicht streikenden Angestellten darauf vorzubereiten.
Als RKP intervenieren wir nach unseren Kräften in dieser Streikbewegung mit dem Programm: Wir zahlen eure Krise nicht! Alle Sparmassnahmen müssen zurückgenommen werden! Doch das reicht nicht: Was es braucht, sind massive Investitionen in Gesundheit, Bildung und Soziales. Und das Geld dafür existiert. Die Waadtländer Regierung beweist es regelmässig – durch die Geschenke, die sie verteilt, die Steuersenkungen, die sie beschliesst, und ihr Programm, das konsequent den Interessen der Reichen dient.
Die zehn reichsten Personen im Kanton besitzen zusammen rund 64 Milliarden – die geplanten Sparmassnahmen (331 Millionen) entsprechen gerade einmal 0,48 % ihres Vermögens. Was für tausende Lohnarbeiter einen direkten Angriff auf ihr Leben bedeutet, ist für diese parasitäre Minderheit nicht mehr als heisse Luft. Dort müssen wir das Geld holen.
Und wenn sie nicht bereit dazu sind, wenn sie ihre Interessen und Privilegien über die der Arbeiterklasse stellen oder gar mit Abwanderung drohen, dann müssen sie enteignet werden.
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