Nach der Revolution in Sri Lanka 2022 und der Revolution in Bangladesch 2024 ist jetzt die indonesische und nepalesische Jugend an der Reihe: Sie muss tapfer die bestehende Ordnung untergraben und den asiatischen Frühling fortsetzen.
Korruption, epidemische Arbeitslosigkeit, Sparmassnahmen… für den Zorn der indonesischen Arbeiter und Jugend gibt es 1’001 Gründe. Grundlage für diese Probleme ist die tiefe Krise des indonesischen Kapitalismus: Hunderttausende Arbeitsplätze werden gestrichen, wobei 58 % der Arbeiter bereits informell arbeiten, wo der Lohn noch tiefer und der Schutz noch schlechter ist. Besonders betroffen ist die Jugend mit aktuell über 16 % Arbeitslosigkeit.
Der Klassenkampf schreitet nicht geradlinig fort, sondern ist gezeichnet von unerwarteten Sprüngen und Wendungen. So auch am 25. August, als aus ganz üblichen Demonstrationen echte Aufstände wurden. Auslöser dafür war ein Bericht, wonach Parlamentarier in Zukunft eine zusätzliche Entschädigung von 50 Millionen Rupien (ca. 3’000 USD) im Monat zusätzlich erhalten sollten, während die Massen in prekären Bedingungen arbeiten und leben. Und plötzlich waren die Strassen aller grossen indonesischen Städte gefüllt: Auf den Appell von jungen Studenten folgten zahlreiche Bevölkerungsschichten. Die Hauptforderung: Löst das Parlament auf!
Der Staat wollte die Bewegung gewaltsam ersticken. Bürgerkriegszenen zwischen Demonstranten und Polizeikräften waren überall im Land zu beobachten. Die Repression fachte den Hass der Bevölkerung aber nur noch weiter an: Nach der Ermordung von Affan Kurniawan, einem jungen Lieferfahrer, der mit einem Polizeikleinbus überfahren wurde, strömten die Massen nur noch zahlreicher und radikaler auf die Strassen. Hunderte Polizeiposten und dutzende Parlamentsgebäude wurden in Flammen gesetzt. Die indonesischen Massen bekommen ihre eigene Macht zu spüren. Es handelt sich um die grösste soziale Umwälzung seit dem Sturz des Diktators Suharto im Jahre 1998.
Noch weiter fortgeschritten ist die Situation in Nepal. Die Jugend hat ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen und in wenigen Tagen das Regime sogar gestürzt. Die bürgerliche Regierung Nepals war von Beginn an instabil. Die herrschende Bourgeoisie entstammt alten, feudalen Herrenkasten und lebt von Korruption, Wucher und Spekulation. Ein jüngerer Trend ist es, dass die nepalische Elite und ihre Sprösslinge, auch «Nepo-Babys» genannt, ihren Luxus und ihre Auslandseskapaden auch noch auf Social Media offen zur Schau stellen. Dies nährt einen enormen Klassenhass, der sich früher oder später entzünden muss.
Das geschah auch am 4. September, als die Regierung beschloss, mehr als 26 internationale soziale Netzwerke zu verbieten. Am 8. September fanden die ersten Demonstrationen statt. In Kathmandu marschierten Tausende Jugendliche zum Parlament. Umgehend wurde die Polizei auf die Demonstranten losgelassen, sie schoss mit scharfer Munition auf Jugendliche in Schuluniform. Diese liessen sich aber nicht einschüchtern – vielmehr wurde das Parlament in Brand gesetzt; dasselbe geschah mit dem Obersten Gericht und zahlreichen Häusern von Parlamentariern; der Finanzminister wurde in Unterhosen durch die Strassen geschleift. Eine gute Lektion für die herrschende Klasse!
Die Ereignisse in Indonesien und Nepal kann man nur als Revolution bezeichnen. Der Kapitalismus erlaubt es der grossen Mehrheit nicht, über ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu entscheiden. In einer Revolution ist das anders herum: dann sind es die Massen, die sich auf die Bühne drängen und ihren Willen durchsetzen.
In Nepal wurde das Parlament aufgelöst und die «Gen Z» hat eine neue Übergangs-Premierministerin gewählt, Sushila Karki. In Indonesien versucht Prabowo, sich mit symbolischen Zugeständnissen aus der Schlinge zu ziehen: Einzelne Beamte werden ausgetauscht, gewisse Polizisten abgesetzt, einige Diskussionen mit demonstrierenden Studenten geführt. Die bürgerliche Führung versucht, mit Konzessionen und Versprechen die Situation zu entschärfen. Das System, das das ganze Elend überhaupt herbeigeführt hat, bleibt aber bestehen.
Für den Moment haben sich die Bewegungen verausgabt, doch klar ist, dass sie wieder erstarken und wieder kommen werden. Eine Revolution hat niemals nur einen Akt, sondern sie ist ein langer und wechselhafter Prozess, hat Fortschritte und Rückschritte. Vor allem aber sind sie eine hervorragende Schule, die den Massen lehrt, wie gross ihre Macht ist und wer ihre echten Feinde sind.
Mit einer gut verankerten revolutionären Partei wäre die Situation in Nepal und Indonesien jetzt eine andere. Solche Parteien in der ganzen Welt aufzubauen – das ist das Ziel, das wir uns als RKI setzen.
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