Vor knapp zwei Jahren kollabierte die Grossbank Credit Suisse und der Bundesrat organisierte ihren Notverkauf an die UBS. Kurz vor Weihnachten publizierte die Untersuchungskommission des Parlaments (PUK) ihren 500-Seiten Bericht dazu. Ihre Schlussfolgerung: Alles sei legal und insgesamt korrekt abgelaufen. Damit entlarven sie unbeabsichtigt, dass der Schweizer Staat das Instrument des Finanzkapitals ist.
Der Bericht arbeitet die Bankenregulierung seit 2008 auf. Damals rettete der Bundesrat die UBS mit Steuergeldern und Notrecht. Das war ein politischer Donnerschlag: Die Kapitalisten lösten eine Krise aus und wurden dafür mit unserem Steuergeld gerettet. Alle sahen, dass für die Banken über Nacht Milliarden fliessen, während die Arbeiter den Gürtel enger schnallen müssen.
Unter enormem politischen Druck versprachen Politiker aller Parteien, die Banken zu «regulieren». Damit der Bund nie mehr eine Bank retten muss, sollten diese sicherer werden und im Notfall konkurs gehen können, ohne die ganze Wirtschaft mitzureissen. Der PUK-Bericht belegt jetzt, dass das alles Schall und Rauch war.
Parlament und Verwaltung liessen geplante Reformen bald versanden oder bauten genug Schlupflöcher ein, um sie harmlos zu machen. Damit zeigt der Bericht, wie die Banken das politische System in ihrer Tasche haben. Um ihre Profite hoch zu halten und in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, verhinderten sie effektive Auflagen oder Kontrollen. Das Finanzkapital setzt seine Interessen durch, mittels Lobbyismus, Hinterzimmer-Gespräche mit Bundesräten oder Nationalbank-Direktoren und seiner ökonomischen Bedeutung für die Schweizer Kapitalistenklasse.
Der Bundesrat und die Finanzmarktaufsicht (Finma) wussten längst über die Probleme der Credit Suisse Bescheid: hochriskante Geschäfte, Gesetzesbrüche, Bussen in diversen Ländern und zu wenig Eigenkapital, um diesen Turbulenzen standzuhalten. Statt etwas dagegen zu tun, halfen sie der Credit Suisse die Risiken zu verstecken! Die regelmässigen Finma-«Kontrollen» schufen die Illusion, dass die Bank sicherer sei, als sie es war. Mit dem sogenannten «Regulatorischen Filter» erlaubte die Finma der CS, ihre Geschäftsbücher offiziell zu beschönigen. Zusätzlich belogen Bundesräte und Regulatoren die Öffentlichkeit auch noch über die Stabilität der Bank, als die Rettung bereits geplant war. Lug und Betrug ist nur eine weitere Dienstleistung, die der Staat den Banken erbringt.
Im März 2023 organisierten die Behörden die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS und sicherten sie mit Notrecht und Staatsgeldern ab. Sie brachen alle Versprechen zur Bankenregulierung seit 2008, und bewiesen, wie schnell und spendabel der Staat sein kann, wenn die Interessen des Finanzkapitals gefährdet sind. Tatsächlich begann die Planung der Übernahme mindestens ein halbes Jahr im Voraus in diversen informellen und nicht protokollierten Gesprächen zwischen Nationalbankchef, Bundesrat und Bankenchefs.
Als die Krise der Credit Suisse im März 2023 eskalierte, lieh ihr die Nationalbank 168 Milliarden Franken, bis die Übernahme finalisiert werden konnte. Um den Deal durchzudrücken, enteignete der Staat die Besitzer von bestimmten Wertpapieren («AT1») und hebelte das Stimmrecht der Aktionäre aus. Dank dem Staat zahlte die UBS schlussendlich nur 3 Milliarden für den Kauf der Credit Suisse. Zusätzlich versprach der Bundeshaushalt allfällige Verluste der UBS zu decken, die aus dem Kauf entstehen. Insgesamt stellten Bund und Nationalbank 257 Milliarden Franken zur Verfügung. Das entspricht etwa den jährlichen Ausgaben des Bundes.
Warum hat der Schweizer Staat das getan? Und wieso erteilt ihm der Untersuchungsbericht die Absolution? Der Bund griff ein, um die Interessen des Schweizer Finanzkapitals zu wahren. Dafür sind alle Mittel recht. Der Schweizer Finanzplatz ist seit Jahren in einem Rückzugsgefecht gegen die internationale Konkurrenz. Ein unkontrollierter Kollaps oder der Verkauf der CS ins Ausland hätte ihm das Genick gebrochen. Die Fusion war das kleinere Übel, dass der gewachsenen UBS neue Chancen auf dem internationalen Markt gibt. Zudem barg der CS-Kollaps das Risiko, eine internationale Finanzkrise auszulösen. Deshalb übten die britischen und US-Imperialisten grossen Druck auf die Schweizer Regierung aus, auch die internationalen Filialen zu retten und nicht nur den Schweizer Teil der Bank, wie es das Gesetz vorgesehen hätte. Der Staat handelte als Gesamtkapitalist, im Interesse der stärksten Fraktion, des Finanzkapitals.
Mit der Fusion wurde eine Megabank geschaffen, deren Bilanzsumme doppelt so gross ist wie die gesamte Wirtschaftsleistung der Schweiz. Ein künftiger Rettungsversuch würde also den Staat ruinieren. Welche Massnahmen wurden getroffen, um zu verhindern, dass die UBS in ein paar Jahren nicht erneut kollabiert? Absolut gar keine. Der Untersuchungsbericht war eine Verschleppungstaktik, um die öffentliche Wut verpuffen zu lassen und nichts ändern zu müssen.
Es wäre auch gar nicht möglich, die Bank in kapitalistischen Händen zu lassen und sie «sicher» zu regulieren. Der Bericht zeigt, dass weder Regierung, Parlament oder Finma eine Kontrolle über die Banken ausübt. Im Gegenteil, es bestimmen die Banken, weil der Staat schlussendlich ihr Instrument ist.
Die herrschende Klasse der Schweiz hat also entschieden, auf Glück und Gott zu vertrauen und bis zum nächsten Crash den Kopf in den Sand zu stecken. Wem das nicht reicht, der muss jetzt den Kampf aufnehmen: für die Enteignung des Finanzkapitals und den Sturz ihres Staates.
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