Palästina-Israel ist kein Konflikt zwischen Religionen, sondern ein Genozid. Ausgeführt von einem Unterdrücker-Staat gegen ein unterdrücktes Volk. Es gibt es genau zwei mögliche Positionen: entweder für Israel oder für Palästina. 

Die Schweizer herrschende Klasse ist in einer brenzligen Situation. Sie unterstützt Israel. Als Teil des Nato-Blocks wird sie nicht abrücken von dessen einzigem Verbündeten im Nahen Osten. Gleichzeitig ist die Mehrheit der Bevölkerung gegen Israels Massaker. 

Weil die herrschende Klasse mit ihrer Israel-Unterstützung immer isolierter da steht, fährt sie eine massive Einschüchterungs-Kampagne. Der Titel: «Schutz vor Antisemitismus». 

«Sicherheit» und «Wohlbefinden» von Juden seien gefährdet, jammern besorgte Politiker, Journalisten und Rektoren bei jeder Pro-Palästina-Aktion. 

Es geht ihnen nicht um Antisemitismus

Die Frage sei erlaubt: Wie sicher fühlen sich denn Palästinenser und Libanesen unter Israels Bombenhagel? Oder wie wohl fühlen sich Muslime hier bei täglichen Schlagzeilen wie «Wir importieren Antisemiten mit Arafat-Tuch» (SVP)? 

Kein Wort, keine Zahl dazu. In Österreich stieg die Anzahl rassistischer Vorfälle gegen Muslime nach dem 7. Oktober um 600 % (Antimuslimischer Rassismus Report, 2023). Der Leserbrief (unten) lässt ähnliche Ausmasse hier erahnen. 

Sprechen wir es klar aus: Die Bürgerlichen scheren sich einen Dreck um Minderheiten, auch nicht um Juden. Es geht ihnen nicht um Antisemitismus. An den Grosskonzernen, die sie vertreten, klebt das Blut von Millionen Migranten hier und etlichen unterdrückten Völkern. Auch jüdisches. Zur Erinnerung: Schweizer Kapitalisten wurden auch als Bankiers und Waffenlieferanten der Nazis reich und mächtig. 

Um was geht es ihnen tatsächlich? Sie wollen von ihrer Komplizenschaft in Israels Massaker ablenken und alle einschüchtern, die dagegen kämpfen wollen.

Wer gefährdet hier wen?

Dazu behaupten sie skrupellos: «Antisemitismus ist unter jungen Muslimen überproportional verbreitet» (NZZ). Der angebliche Beweis-Lieferant ist die zionistische Lobby SIG. Doch die hat nach eigener Aussage «keine Belege für muslimischen Antisemitismus» (NZZ, 29.08). «Dennoch …», fügt der SIG-Präsident sofort hinzu, «… kam es zu physischen Attacken gegenüber Juden von Zugewanderten aus arabischen Ländern». 

Hier haben wir es schwarz auf weiss: Ihr Antisemitismus-Geschrei ist eine aufgebauschte Lügen-Kampagne: Sie brauchen einzelne Gewaltverbrechen, um den Islam als gewalttätige Kultur und alle Araber als Terroristen darzustellen. 

Doch wer gefährdet hier wen genau? Der israelische Staat gefährdet die Existenz eines Volkes (Palästinenser), führt Krieg gegen ein anderes (Libanesen) und reprimiert seine grösstenteils jüdische Bevölkerung bei Protesten. 

Netanjahu kann nur weiter schlachten, weil der westliche Imperialismus ihn unterstützt. Die Schweizer herrschende Klasse tut dies auf besonders blutige Weise. Neuester Beweis: Wegen Israels Blockade bricht das Poliovirus in Gaza wieder aus. Das Flüchtlingswerk UNRWA versucht in grösster Not, eine Impfkampagne zu organisieren. Was macht der Nationalrat? Er streicht der UNRWA sämtliche Gelder. Das ist eine menschenverachtende Kampfhandlung! 

Und diese Politiker haben die Dreistigkeit, ihren Beschluss als «Schutz vor vor Antisemitismus und Rassismus» zu verkaufen! Denn die UNRWA bilde «eine nächste Generation an Terroristen» aus (Zuberbühler, SVP). Kurz zur Erinnerung: Die UNRWA betreibt die Mehrheit der (bald vollständig zerbombten) Schulen in Gaza. Wer behauptet, sie bilde Terroristen aus, bezeichnet ein ganzes Volk als Terroristen.

Diese Lügner haben nicht das geringste Recht, über Rassismus zu jammern. Es geht ihnen nicht um den Kampf gegen Diskriminierung. Sondern darum, ihre Komplizenschaft in Israels mörderischer Politik zu legitimieren.

Bürgerliche Hetzjagd gegen Muslime und Araber

Das machen sie auf Kosten aller Muslime und Araber in der Schweiz. Die Kehrseite ihres Antisemitismus-Geschreis ist eine bewusst geführte rassistische Hetzjagd. Schlagzeilen wie «Soziologin über Muslime: Wenn Migranten uns nicht aushalten, müssen sie raus» (NZZ) fliegen uns von ihren «Wissenschaftlern», Journalisten und Politikern täglich um die Ohren.

Alle etablierten Parteien schiessen heute gegen Muslime, Araber und Migranten allgemein. Nicht nur die Rechtsextremen wie die AfD, der Front National oder die SVP. Nein, die Liberalen und Sozialdemokraten eifern ihnen fleissig nach. «Noch nie habe ich erlebt, dass die Zuwanderung von rechts bis links so stark unter Druck kommt», sagt ein Politiloge zur etablierten Schweizer Politiklandschaft.

Der Rassismus-Hype ist kein Zufall. Die Bourgeoisie ist eine winzige parasitäre Minderheit. In der Schweiz besitzen 300 Kapitalisten 800 Milliarden Franken. In der Krise müssen ihre Profite durch härtere Angriffe und Kürzungen verteidigt werden. Darum bieten alle Regierungen seit Jahren nur noch Verschlechterungen. Um vom Versagen ihres Systems abzulenken, bleibt den Bürgerlichen nur noch eine Strategie: Sündenböcke schaffen.

«Migranten» gegen «uns» statt Arbeiterklasse gegen Bourgeoisie: Das ist der Zweck von Schlagzeilen wie «Schweizer Wohlstand wegen Zuwanderung geschrumpft» (20 Minuten).

Mit der Zuspitzung der Krise wird ihr Rassismus zunehmen. Doch er wird kein einziges Problem der Arbeiterklasse lösen. Denn es stimmt nicht, dass Migranten Schuld an der Armut von Schweizern sind. 

Die wahre Schlagzeile lautet: «Lebensstandard der Arbeiterklasse wegen Kapitalisten geschrumpft». Die wahre Lösung ist nicht Ausländer ausschaffen, sondern Kapitalisten abschaffen. Das kann die Arbeiterklasse nur geeint. Dazu muss sie die rassistischen Lügen im gemeinsamen Klassenkampf überwinden.

Enteignen wir die Kriegsprofiteure

Skandalöserweise macht ihre aktuelle reformistische Führung das Gegenteil: Sie trägt die Spaltungs-Kampagne der Bürgerlichen in die Arbeiterbewegung. Ein Beispiel: An der nationalen Lohn-Demo wollten führende Gewerkschaftsfunktionäre den Palästina-Block wegen «Antisemitismus-Verdacht» am Loslaufen hindern. 

Einer sagte: «Für Palästina und für bessere Löhne hat nichts miteinander zu tun». Oh doch! Es ist ein und derselbe Kampf. Die gleichen Kapitalisten, die hier die Krise auf uns abladen, profitieren von Deals mit Israel. Die UBS steigerte ihre Investitionen in Israels Rüstung um 875 %, die Pharma (vor allem Roche und Novartis) exportiert jährlich Waren für 780 Millionen Franken nach Israel und Nestlé besitzt Israels grössten Lebensmittelhersteller.

Die Aktionäre dieser 4 Konzerne haben letztes Jahr 23,7 Milliarden Franken kassiert. Für ihre Profite sind Palästinenser in Leichensäcke und Arbeiter hier in Armut gerutscht. Diese blutige Wahrheit wollen die Bürgerlichen unter den Teppich kehren. 

Wer die Wahrheit zurückhält, der hilft der bürgerlichen Lügen-Kampagne. Und schadet damit nicht nur allen Pro-Palästinensern, sondern der ganzen Arbeiterklasse. Weil im Windschatten ihrer Rassismus-Kampagne greifen die Bürgerlichen die ganze Arbeiterklasse an (Löhne, Jobs, Rente etc.).

Unsere Antwort auf ihre rassistische Spaltung? Gemeinsam für ein Ende des Genozids, für gute Löhne, Jobs und Rente – enteignen wir die kapitalistischen Kriegsprofiteure! 


Muslime in meiner Klasse: «Sie sagen, wir seien Terroristen»

Als Lehrerin, die mit Jugendlichen mit Fluchthintergrund arbeitet, erlebe ich, wie die Stigmatisierung von Muslimen in Teilen der Bevölkerung wirkt und welche Auswirkungen dies auf meine Schüler hat. Mit der Hoffnung auf ein neues Leben kommen sie hierher, doch sie stossen häufig auf Vorurteile und Feindseligkeiten. Ich gab ihnen die Aufgabe, mit Schweizern ins Gespräch zu kommen, um ihr Alltagsdeutsch zu verbessern. Die Rückmeldungen waren herzzerreissend: «Einige Leute haben Angst vor uns», «Manche halten uns für Terroristen.» Diese Erlebnisse machen deutlich, wie sehr Vorurteile das Leben meiner Schüler erschweren – trotz ihrer Motivation und Anstrengungen, sich zu integrieren. Sie verdeutlichen auch die Verwurzelung von rassistischer und anti-muslimischer Hetze in unserer Gesellschaft sowie deren Anstachelung durch Medien und Politik. Anstatt die wahren Ursachen von Terrorismus, Krieg und Krisen – den Kapitalismus – ins Visier zu nehmen, müssen Migranten als Sündenböcke herhalten.

Eine Lehrerin

Rapper Apsilon: Kampf gegen Rassismus ist Klassenkampf

Der Deutschrapper Apsilon ist Enkel von türkischen Gastarbeitern und zeigt in seinen Songtexten immer wieder treffend auf, wie die herrschende Klasse Rassismus als Werkzeug nutzt, um die ganze Arbeiterklasse auf Kosten einer Minderheit zu spalten und Überausbeutung zu rechtfertigen. In «Köfte» zum Beispiel rappt er: «Tag für Tag am Ackern für das Kapital in Taschen vom gleichen Pack, das dreissig Jahre vorher ohne Wimpernzucken Menschen in die Gaskammern verfrachtet hatte.» Während des Zweiten Weltkriegs waren es die Juden, heute Araber und Muslime, die als Sündenböcke herhalten müssen. Oder in «Koffer» rechnet Apsilon in einer Zeile mit der herrschenden Klasse ab, die Rassismus schürt, um selbst an der Macht zu bleiben: «Deutschland, ja, du kannst uns abschieben, deine Rentner sammeln trotzdem Pfandflaschen aus den Tonnen und die Strassen bleiben kalt hier.» Er zeigt gleichzeitig auch: Ihre Taktik funktioniert immer weniger, weil ihre Krise uns alle trifft. Seine Musik macht mich beim Hören immer wütend, aber auf eine gute Art! Sie macht mich wütend auf das ganze System und gibt mir Kraft, jeden Tag dagegen zu kämpfen. Und sie gibt mir Gewissheit, dass ich nicht alleine bin mit dieser Wut. Die einzigen, die hier isoliert sind, sind die Imperialisten mit ihrem unmenschlichen System!

Sina Menn, Bern