Leben des Galilei ist ein 1939 von Bertolt Brecht verfasstes Theaterstück. Es dreht sich um Galileo Galilei, einen bedeutenden Wissenschaftler der Renaissance.
Galilei machte mithilfe des Fernrohrs bahnbrechende Entdeckungen. Damit verteidigte er das kopernikanische Weltbild, laut dem sich die Erde um die Sonne dreht. Dies brachte ihn in Konflikt mit der Kirche. Brecht dramatisiert Galileis revolutionären Kampf um die Wahrheit.
Das Stück beginnt damit, wie Galilei seinem Schüler Andrea enthusiastisch erklärt: «Durch zweitausend Jahre glaubte die Menschheit, dass die Sonne und alle Gestirne des Himmels sich um sie drehten.» Aber «wo der Glaube tausend Jahre gesessen hat, eben da sitzt jetzt der Zweifel. […] Den gefeiertsten Wahrheiten wird auf die Schulter geklopft».
Ein für die Kirche ungemütliches Schulterklopfen. Deren starres Weltbild verträgt keine Bewegung: Denn wenn «sie [die Erde] sich doch [um die Sonne] bewegt», was rechtfertigt dann noch die ewige gottgewollte Herrschaft der Kirche mit dem Papst an der Spitze?
Galilei bittet eine Gruppe Geistlicher, durch sein Fernrohr zu schauen, um sich selbst zu überzeugen. Doch sie verweigern und zwingen Galilei, sich der Autorität der alten Lehren zu beugen. Galilei erwidert, dass die «Wahrheit […] das Kind der Zeit, nicht der Autorität» ist.
Das Fernrohr steht nicht zufällig im Zentrum des Stücks. Es erlaubt, über den begrenzten Horizont hinaus zu sehen. Damit ist es eine direkte Waffe gegen die Kirche. Ein Blick durch das Fernrohr kommt einem Dolchstoss gegen das Weltbild der Kirche gleich: Die Sonne dreht sich nicht um die Erde – sondern umgekehrt.
Der ideologische Kampf zwischen Religion und Wissenschaft war Teil des Klassenkampfes der aufstrebenden Bourgeoisie gegen die Aristokratie und die Kirche.
Während Letztere die Realität biblisch verschleierte, strebte die junge Klasse von Kaufleuten nach Einsicht. Der Kampf um eine wissenschaftliche Weltanschauung war somit ein revolutionärer Kampf gegen die herrschende feudale Ordnung.
Galilei führt diesen Kampf, wie andere vor ihm, mit Aufopferung. Bis ihn die Kirche schlussendlich unter der Drohung von Gefängnis, Folter und Verbrennung zwingt, seine Lehren zu widerrufen. Die heutige Naturwissenschaft steht auf den Schultern dieser Märtyrer.
Damals spielte die Bourgeoisie eine revolutionäre Rolle. Heute steht sie auf der anderen Seite der Barrikade. Statt für Einsicht und Wahrheit zu streben, unterdrückt sie die Wahrheitsfindung – mithilfe ihrer Medien, Bildungsinstitutionen und ihres Staates.
Wer heute die Wahrheit über den Genozid Palästina sagt, bekommt die geballte Wucht der bürgerlichen Demokratie zu spüren. Sei das durch Verleumdung, Jobverlust oder Schlagstock.
Denn was entlarvt die Wahrheit? Dass die Bourgeoisie und ihr System heute nur noch Hunger, Krankheit und Krieg erzeugen. Wie die Feudalherren im Mittelalter hat die Bourgeoisie heute ihre historische Rolle überlebt.
Mit dem Aufstieg des Kapitalismus entstand eine neue revolutionäre Klasse: die Arbeiterklasse. Diese braucht die modernsten wissenschaftlichen Ideen, die Wahrheit über Palästina und das ganze imperialistische System, um den Kapitalismus zu stürzen und eine rationale Gesellschaft aufzubauen.
Brechts Stück zeigt, dass der Kampf um Wahrheit ein revolutionärer Kampf gegen die herrschende Ordnung ist. Damals wie heute.
Remo Grossen, Bern
Das kurze Dramenfragment «Woyzeck» von Georg Büchner (1813-1837) ist im doppelten Sinn revolutionär. Es hält sich nicht an die Dramenformen des frühen 19. Jahrhunderts. Büchner erzählt nicht die Geschichte eines blaublütigen Helden, sondern jene eines mittellosen Soldaten. Wirklich revolutionär macht das Stück sein Autor. Büchner gab den «Hessischen Landboten» heraus, eine agitatorische Zeitung, die zum Sturz des Adels aufrief. Nicht nur das: Büchner verstand, dass die Revolution sich gegen das liberale, verräterische Bürgertum richten muss. Eine brillante Vorwegnahme der kommenden bürgerlichen Revolutionen, die nur die alte Art der Ausbeutung mit jener des Kapitalismus ersetzen konnten.
Im Stück erlebt der Soldat Woyzeck extreme Erniedrigung durch seine Vorgesetzten und wird aus Geldnot das Versuchsobjekt eines Doktors: Er muss sich an eine strikte Erbsendiät halten und entwickelt eine Psychose. So wird er zum Mörder seiner Verlobten Marie. Büchner zeigt, wie eine Gesellschaft, die auf gewaltvoller Klassenunterdrückung beruht, unweigerlich grauenhafteste Gewalt produziert.
In einer Szene schreibt ein Marktrufer einem Pferd die Qualitäten eines zivilisierten Menschen zu, während die Menschen wie Tiere behandelt werden. Wenn die Figur des Hauptmannes – dem die Leben seiner Untergebenen nur so viel wert sind wie sie ihm zu Ruhm und Ehre verhelfen können – dem Protagonisten wegen dessen unehelichen Kindes einer Moralpredigt unterzieht, fällt es schwer, nicht an die leere Moral der Bourgeoisie heute zu denken. Der Hauptmann von heute ist dein Boss, der dank deiner harten Arbeit Luxusautos fährt und dir dann Vorwürfe macht, wenn du krank oder schwanger wirst. Die Moral der Herrschenden entpuppt sich als das, was sie ist: ein Unterdrückungswerkzeug. Der Weg vorwärts in Büchners «Landboten» gilt auch heute: «Friede den Hütten, Krieg den Palästen!»
Perspektive — von der Redaktion — 20. 12. 2024
Nah-Ost — von Hamid Alizadeh, marxist.com — 08. 12. 2024
Nordamerika — von Alan Woods, marxist.com — 27. 11. 2024
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