Der Klassenkampf ist da! Eine Streikwelle in Genf zeigt, was in der Schweiz in den nächsten Jahren auf uns zukommt. Die Kommunisten müssen die heuchlerische herrschende Klasse und ihre Regierung entlarven und die Revolutionäre Kommunistische Partei in der ganzen Schweiz aufbauen!
1500 Sekundarlehrer in Genf kämpften im Februar gegen 2 Stunden zusätzliche Unterrichtszeit. Sie haben fünf Tage Streik angesagt, um diesen Angriff der Regierung zu verhindern. Das reihte sich in eine regelrechte Streikwelle in Genf ein.
Die Kantonsangestellten streikten im November und Dezember. Ein Teil der Flughafenangestellten bei Dnata erkämpfte sich am Jahresende 3 % Lohnerhöhung. Dazu hat der öffentliche Verkehr (TPG) den Streik angesagt und befindet sich momentan in Verhandlungen mit den Bossen für bessere Arbeitsbedingungen.
Einfach ein Genfer Phänomen? Einfach Einfluss von Frankreich? Nein. Ein klares Anzeichen dafür, was in der ganzen Schweiz kommen wird. Klassenkampf und Streiks stehen auf der Tagesordnung.
Die Sekundarlehrer in Genf erzählen, dass die letzten fünf Jahre viel schwieriger geworden sind. Die Klassen werden grösser, die Schüler haben viel mehr Probleme und Schwierigkeiten und die Eltern sind oft erschöpft. Dazu kommen immer mehr Lehrer, die den Job wechseln oder ein Burn-out haben. Deshalb sagen sie wörtlich: «Einfach zwei Stunden mehr Arbeitszeit? Voll nicht! Diese zwei Stunden beinhalten eine ganze neue Klasse, ihre Eltern, ihre Schüler und die Vorbereitungen. Das ist unmöglich, die spinnen!»
Das gleiche Bild zeigt sich in der ganzen Schweiz und in allen Sektoren: Auf jahrelange Verschlechterungen der Arbeits- und Lebensbedingungen und Sparmassnahmen im öffentlichen Bereich kommen jetzt neue harte Angriffe. Die Krise des Kapitalismus ist für die gesamte Arbeiterklasse spürbar geworden: Inflation, Krankenkassenprämien, Mieterhöhungen. Dazu Massenentlassungen in immer weiteren Unternehmen, nun auch bei der Migros.
In jedem Kanton werden Sparmassnahmen durchgedrückt. Auch in der Pflege, der die Regierungen während der Pandemie so heuchlerisch applaudiert hatten. Das Unispital in St.Gallen hat 117 Arbeiter entlassen. In der Universitätspsychiatrie in Bern wurden 25 Sozialarbeiter entlassen.
Das widerspiegelt sich in der allgemeinen Stimmung in der Schweiz. Die Mehrheit denkt, dass die Situation in der Schweiz in der Zukunft schlechter wird (Umfrage gfs). Sie sieht auch, wie die Ungleichheit rasant ansteigt und hat kein Vertrauen in die Unternehmen, die nur Profit scheffeln. Die Krise ist definitiv in der Schweiz angekommen. Die guten Zeiten sind vorbei. Die Arbeiterklasse spürt genau das.
Die Arbeiterklasse kann lange jegliche Angriffe und Verbesserungen herunterschlucken. Aber es gibt einen Punkt, an dem die Situation nicht mehr haltbar ist. Die Arbeiter werden vor den einzigen Ausweg gestellt, der noch bleibt: Den kollektiven Kampf.
Die Sekundarlehrer in Genf haben jahrelange Verschlechterungen und mehr Druck ausgehalten. Gleichzeitig sahen sie Geschenke an die Reichen und die Unternehmen: Dieser krasse Reichtum, der in der ganzen Schweiz angehäuft wird! Alleine der nette Erbe von Chanel könnte mit seiner Kohle das Budget für die Bildung in Genf vervierfachen! Und da schlägt Quantität in Qualität um: Auf zwei Stunden mehr Unterrichtszeit antworteten die Sekundarlehrer mit der Ankündigung eines 5-tägigen Streiks. Das ist wegweisend für die Schweizer Arbeiterklasse!
Doch das ist keine Ausnahme. Das ist die Periode, in der wir uns weltweit befinden: Die herrschende Klasse kann sich die Reformen der Vergangenheit nicht mehr leisten und ist im Angriffsmodus. Aber gleichzeitig kann die Arbeiterklasse keine weiteren Verschlechterungen akzeptieren. Das ist ein fertiges Rezept für den Klassenkampf. Das ist die Ausgangslage für die kommenden Jahre.
Der Streik der Sekundarlehrer war eine kämpferische Ansage gegen Sparmassnahmen. Doch die Antwort von Hiltpold, der FDP-Regierungsrätin, zeigt, was in Zukunft auf alle Kämpfe der Arbeiterklasse zukommen wird. Wir müssen uns vorbereiten!
Die Genfer Regierung versuchte alles, um diesen Streik zu verhindern und die Streikenden durch den Dreck zu ziehen. Natürlich unterstützten die bürgerlichen Medien sie durch eine Hetzkampagne. Hiltpold wurde jeden Tag ins Fernsehen eingeladen. Sie betonte, wie «ihre Tür offen steht» und die Streikenden und Gewerkschaften «völlig übertrieben reagieren». In anderen Artikel hiess es, dass die Lehrpersonen «ja schon recht privilegiert sind» oder dass sie die «Schüler als Geiseln nehmen». Und sie fragten, ob die Genfer-Lehrpersonen nicht einfach «faule Säcke» seien.
Damit versucht die Regierung, die Bewegung zu spalten. Wir sagen, was diese Damen und Herren wirklich sind: dreckige Heuchler! Die Regierung kümmert sich nicht um die Bedingungen der Schüler und Lehrpersonen. Das ist die gleiche Regierung, die den ganzen öffentlichen Dienst mit Sparmassnahmen auseinandernimmt. Diese Angriffe haben die Wut der Streikenden denn auch nur verstärkt: «Die Hiltpold soll von ihrem Thron runter und uns in der Schulklasse besuchen», antworteten Streikende.
Die Lehrpersonen sind privilegiert? Sagen uns die, die die Profite und den Luxus der Reichen verteidigen! Natürlich gibt es besser und schlechter bezahlte Jobs. Aber die Kapitalisten und ihre Regierungen greifen alle Lohnabhängigen an, um ihren eigenen Reichtum zu schützen! Alle Lohnabhängigen haben mehr gemeinsam mit den Sekundarlehrern als mit den Bonzen und der FDP. Und die gesamte Arbeiterklasse hat ein Interesse an guter Bildung für ihre Kinder. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Die einzige Spaltung, die es geben soll, ist die wirkliche Spaltung zwischen Arbeiter und Kapitalisten. Denn ihre Interessen gehen diametral gegen unsere.
Die herrschende Klasse beschränkt sich nicht auf ideologische Spaltung. Die Genfer Regierung droht (bis heute) einigen Streikenden mit Geldstrafen bis zu 10’000 Franken und Entlassungen, weil sie die Eltern per Post über den Streik informiert haben. Das ist ein Frontalangriff auf das Streikrecht!
Die gleiche Entwicklung sehen wir international und wir können sicher sein: Die herrschende Klasse wird sich in jedem grösseren Streik auf die direkte Repression des Staatsapparates stützen. Wenn sie kein passendes Gesetz haben, erfinden sie ein neues. Sie versuchen, den Streikenden und der gesamten Arbeiterklasse Angst zu machen. Sie wollen den einzelnen Streikenden das Gefühl geben, dass sie gegenüber dem übermächtigen Staat ausgeliefert sind.
Aber das ist falsch! Die Arbeiterklasse ist stärker als jeder Staat. Auf solche Drohungen muss man mit voller Entschlossenheit antworten: Die Arbeiterklasse kann jeden Angriff zurückschlagen, wenn sie geeint ist. Gesetze kann man brechen.
Errungenschaften der Arbeiter sind noch selten davon gekommen, dass sich die Arbeiter an die Regeln gehalten haben, die ihnen vom Klassenfeind aufgedrückt werden.
Viele Streikende in den Sekundarschulen wären bereit gewesen, diese Angriffe zu ignorieren und einfach trotzdem zu streiken, auch wenn es «illegal» ist. Ein Streikender sagte zum Beispiel: «Die können nicht 200 Lehrer entlassen, und wenn sie das tun, sind nächste Woche alle im Streik.» Das ist genau der Punkt!
Ihre Repressionsdrohungen funktionieren nur, wenn wir uns einschüchtern und spalten lassen. Die Arbeiterklasse kann die Eskalation immer auf eine höhere Stufe heben. Streiks können ausgeweitet werden: die Gewerkschaften der Sektoren kontaktieren, sie in den Streik ziehen, Geld für eine Streikkasse für Bussen oder Lohnausfälle in der ganzen Bevölkerung sammeln etc. Das Potenzial dafür war in Genf da: In allen anderen Sektoren der Kantonsangestellten brodelt es, einige sind selber schon in den Kampf getreten. Sogar der Elternrat, der gegen den Angriff Hiltpolds ist, hätte für diesen Kampf gewonnen werden können.
Im Lehrerstreik wären viele Streikende bereit gewesen, weiterzugehen. Doch der lokale Lehrerverband, die faktische Streikführung, lieferte keine Antworten auf die Drohungen der Regierung. Nach drei Tagen beendete sie den Streik vorzeitig und trat in Verhandlungen mit Hiltpold ein. Die Rücknahme Arbeitszeiterhöhung wird in diesen jedoch nicht mehr zur Diskussion stehen.
Die Situation ist in der Deutschschweiz nicht weniger schlimm als in der Romandie. Die Arbeiterklasse wird im ganzen Land in den Kampf gezwungen werden. Die Bourgeoisie wird immer antworten, wie wir es jetzt in Genf gesehen haben: Durch ideologische Hetze und Spaltung und durch die Androhung juristischer Repression.
Diese Kämpfe können gewonnen werden, wenn wir auf die Kraft und Solidarität der Arbeiterklasse setzen. Statt uns vor Drohungen einschüchtern zu lassen, müssen wir standhaft bleiben, die Lügen der herrschenden Klasse entlarven und die Bewegung ausweiten. Dafür brauchen wir organisierte Kommunisten in jedem Betrieb, jeder Schule, und jedem Sektor, die diese Spielchen kennen, entschlossen vorangehen können und einen Weg aufzeigen. Wir brauchen eine starke Organisation, wir brauchen die Revolutionäre Kommunistische Partei!
Jetzt ist der Moment, um diese Partei mit grösster Kraft in der ganzen Schweiz aufzubauen. Weitere und umfassendere Kämpfe werden kommen. Eine solche Partei, die die Schlussfolgerungen aus dem Klassenkampf zieht und entschieden vorangeht, kann den Klassenkampf in der Schweiz auf ein komplett neues Niveau heben.
Diese Partei wird nicht nur nicht Einknicken vor den Angriffen, sondern der kapitalistischen Krise und den Sparmassnahmen ein wirkliches Programm für die Arbeiterklasse entgegensetzen: Heute braucht es massive Investitionen in Bildung und den gesamten öffentlichen Dienst. Die herrschende Klasse und ihre Regierung zerstören die Bildung und schützen ihre Profite. Ein gutes Bildungssystem und ein massiver Ausbau des öffentlichen Diensts kann letztlich nur garantiert werden, wenn die herrschende Klasse gestürzt, ihr Reichtum enteignet und unter demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse gesetzt wird.
Europa — von Emanuel Tomaselli, RKI Österreich — 16. 11. 2024
Berichte & Rezensionen — von Die Redaktion — 15. 11. 2024
Nordamerika — von der Redaktion — 13. 11. 2024
Europa — von Jack Halinski-Fitzpatrick, marxist.com — 11. 11. 2024