Applaus ist bekanntlich das Brot des Künstlers. Doch der Kapitalismus in der Krise hat weder das eine noch das andere zu bieten, wie viele Kulturschaffende nun hautnah spüren. Nur sozialistische Politik bietet einen Ausweg.
Wer mit Kulturschaffenden auf Facebook befreundet ist, dürfte der Kampagne «Ohne K’uns’t und Kultur wird’s still» begegnet sein. Denn laut Regierung sind nur 50 Personen an Veranstaltungen zugelassen. Für die knapp 300’000 Kulturschaffenden in der Schweiz ist das faktisch ein Lockdown. Schon im Lockdown im Frühjahr war es für viele Kulturschaffende zunehmend schwierig, den Kopf über Wasser zu halten. Das sind nicht nur SchauspielerInnen, MusikerInnen und DJ’s. Hinter jedem einzelnen stehen zahlreiche TechnikerInnen, Leute der Gastronomie und viele mehr. Andernorts sind PädagogInnen und sogar gewisse Verlage betroffen.
Nicht nur sind Kulturschaffende existentiell bedroht, auch werden sie für die Verbreitung des Virus öffentlich angeprangert. So «erlaubte» der Bund im Sommer, Clubs wieder zu öffnen. Bis dahin wurden auch die Mieten sistiert, aber damit war dann Schluss. D.h., dass Clubs keine Wahl hatten, als zu öffnen, wobei ihnen gleichzeitig die Schuld an der Verbreitung des Virus gegeben wurde. Nur stellte sich heraus, dass die Ansteckungszahlen, welche das BAG publizierte, kreuzfalsch waren. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung steckte sich tatsächlich in Clubs oder anderen Kulturveranstaltungen an. Am meisten infizieren sich Leute am Arbeitsplatz.
Dass man Menschen vor dem Virus schützen muss, steht ausser Frage. Kulturanlässe, die das Infektionsrisiko erhöhen, sollten daher auch nicht stattfinden, es sei denn hinreichende Sicherheitsmassnahmen sind gegeben. Sind sie nicht gegeben, muss finanziell unterstützt werden. Aber es ist völlig heuchlerisch, die ganze Branche faktisch zu schliessen und tatsächliche Unterstützung zu verweigern, und daneben grosse Unternehmen munter weiter profitieren zu lassen und so Menschen der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen und das noch milliardenschwer zu subventionieren.
Verantwortlich für die zweite Welle sind nicht Kulturschaffende und -konsumierende sondern Bundesrat und Kapitalisten, die seit der letzten Welle nichts unternommen haben und ihre Untätigkeit durch Schuldzuweisung an alle ausser sich selbst verschleiern.
Dass es Kulturschaffende nun besonders hart trifft, ist kein Zufall. Im Kapitalismus werden nicht die Menschen, sondern die Profite vor dem Virus geschützt. Menschen werden den Bedürfnissen des Kapitals geopfert. Kulturschaffende kommen in der Krise daher besonders unter die Räder, da es im Grossteil der Kultur nicht um Profite geht, sondern um die Verschönerung des menschlichen Lebens. So etwas hat in einer kapitalistischen Krise, in der eben Profite gerettet werden müssen, schlicht keinen Platz. So gelangen Kulturschaffende in die paradoxe Situation, dass sie zwar arbeiten sollen, die Bedingungen, unter denen sie sich einen Lebensunterhalt verdienen könnten, aber weggenommen werden. Sie werden alleine gelassen.
Dabei wären die Mittel locker vorhanden, um die Kulturbranche zu unterstützen und gar durch Investitionen zu fördern. 2019 hatten in der Schweiz die 300 Reichsten ein Vermögen von rund 702 Mrd. CHF. Solange aber der Reichtum, der nicht von ihnen geschaffen wurde, und die Produktionsmittel, die nicht von ihnen betätigt werden, im privaten Eigentum bleiben, werden Kultur und Kapitalismus immer im Widerspruch zueinander stehen.
Das Anliegen der Kampagne «Ohne K’uns’t und Kultur wird’s still» zeigt gut auf, was momentan für die Branche schiefläuft. Jedoch geht sie davon aus, dass wenn Öffentlichkeit und Politik verstehen, wie wichtig Kultur sei, das Problem gelöst würde. Diese prekäre Situation liegt aber nicht am fehlenden Willen oder Verständnis irgendwelcher Politiker, es ist die systemische Antwort des Kapitalismus in der Krise. Der Kampf für die Kultur und für alle, die von ihr abhängig sind, ist der Kampf gegen das Kapital und den bürgerlichen Staat, der es schützt.
Nur eine Regierung der ArbeiterInnenklasse, die nicht die Profite schützen muss, kann eine Kultur für alle ermöglichen. Die Banken und die grossen Unternehmen müssen verstaatlicht und unter ArbeiterInnenkontrolle gestellt werden. Das hat nichts mit Kultur zu tun? Und wie! Nur so können die Ressourcen, die tatsächlich vorhanden sind, rational geplant werden: Geld für Kultur wird dann mehr als genug vorhanden sein. Nur so überwindet man eine Pandemie, ohne Tausende von Menschen ins Elend stürzen zu müssen.
Die Bestrebungen für Verbesserung im Kulturbereich sind aussichtslos, wenn sie nicht als Teil des sozialistischen Kampfes zur Umwälzung der Gesellschaft geführt werden. Wir rufen Kulturschaffende dazu auf, sich an diesem Kampf zu beteiligen. Nur er wird ermöglichen, Kultur zu mehr als etwas dauerhaft mit Existenzängsten behaftetem zu machen: Zu einem Ort, wo wir uns als Menschen begegnen und ausdrücken können.
Felix Looby
Juso Stadt-Bern
Bild: Pixabay
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