Die TV-Debatten im US-Wahlkampf sind eine makabere Show. Gewisse Linke verteidigen trotzdem einen der beiden Vertreter der gleichen Risikogruppe. Für das Virus des sogenannten «kleineren Übels» gibt es nur eine Kur: den Bruch mit dieser Strategie und den Aufbau einer Partei der Lohnabhängigen.
Jahrzehntelang waren Wahlen in der USA ein einfaches Unterfangen. Die Kapitalisten wechselten ihre VertreterInnen regelmässig aus, konnten sich aber sicher sein, dass der nächste ein ebenso strammer Vertreter ihrer Klasse sein würde. Heute ist dieses System in der Krise. Grundlage für diesen Staffellauf waren die wachsende Wirtschaft, steigende Löhne, sichere Jobs. Diese Situation gehört nun klar der Vergangenheit an: Bereits seit den 70ern stagnieren die Reallöhne und sichere Jobs wurden zu hunderttausenden zerstört. Spätestens seit der 2008er-Krise wird eine neue Generation von Studiengebühren und -schulden erdrückt.
Die einzige Art, wie man rechte, autoritäre Regierungen besiegt, ist die Organisierung der breiten Arbeiterklasse in einer eigenen Organisation, unabhängig von der Bourgeoisie.
Die Pandemie und der Krisenausbruch führten zu einer Explosion der Unsicherheit: 30 Millionen ArbeiterInnen haben ihren Job verloren, 23 Millionen droht aktuell die Zwangsräumung ihrer Wohnungen. Die Zeiten des «American Dreams» sind definitiv zu Ende.
Noch nie so offen für den Sozialismus
Auf dieser Grundlage kommt es zu einer zunehmenden politischen Polarisierung. Ein Resultat davon war die Wahl Trumps, die unter anderem eine Reaktion auf Obamas Politik war. Obama führte massive Sparmassnahmen durch und half bei der Vielzahl an Angriffen auf die Lohnabhängigen mit. Die «Erfahrung Obama» führte auch zu einer enormen Linksverschiebung. Seit einem Jahrhundert waren die US-AmerikanerInnen noch nie so offen für sozialistische Ideen!
70% der 18-29-Jährigen würden einen Sozialisten wählen. 36% dieser Generation sehen den Kommunismus als positiv. Ein weiteres Element sind die Massenstreiks der Lehrpersonen, welche in den letzten Jahren viele Staaten überrollt haben. Und nun die BLM-Bewegung, ebenfalls ein Ausdruck einer Wut, die sich über Jahrzehnte angestaut hatte.
Auch das Sanders-Phänomen hat aufgezeigt, dass es einen Riesendurst nach linken Ideen gibt. Doch dieses Verlangen kann keinen Ausdruck finden. Die beiden einzigen relevanten Parteien in den USA sind bürgerliche Parteien! Beide vertreten die Interessen der Kapitalisten. Und diese fordern krisenbedingt eine härtere Ausbeutung der Lohnabhängigen im In- und Ausland. Dies wird die Politik des nächsten Präsidenten definieren, egal welcher Partei.
Übel, übler, am übelsten!
Alle vier Jahre peaked in der US-Linken ein altbekanntes Virus, genannt «das kleinere Übel». Sein Symptom: Die Überzeugung, dass gegen Trump nur Joe Biden helfen könne. Doch tut er das?
Es wird argumentiert, dass Biden für linke Ideen empfänglicher sei. Das ist absurd. Biden kämpfte bereits in den 70ern für die Segregation der Schwarzen, stimmte für den Irakkrieg und war 2015 Vizepräsident bei der ersten Welle an BLM-Protesten. Die Bourgeoisie bevorzugt ihn, weil er Repression nicht weniger als Trump, sondern zielsicherer und ohne Provokationen einsetzt.
Der Hass grosser Teile der Arbeiterklasse auf Trump ist auch Bidens einzige Chance, Trump zu besiegen. Doch diese negative Unterstützungsbasis würde rasend schnell schmelzen.
Andere argumentieren, dass nur Biden die Demokratie vor Trump retten könne und man gegen den «Faschisten» Trump stimmen müsse. Der Hass grosser Teile der Arbeiterklasse auf Trump ist auch Bidens einzige Chance, ihn zu besiegen. Doch auch ein siegreicher Biden wird nur über eine sehr dünne Unterstützung verfügen, und wenn er die gleiche arbeiterfeindliche Spar- und Repressionspolitik weiterführt , schmilzt der letzte Rest an Unterstützung schnell dahin. Wenn sich die Wähler erneut enttäuscht von den Demokraten abwenden, wird Trump einfach wiedergewählt – oder ein noch rechterer Kandidat!
Gegen Trump und Biden gibt es nur ein Rezept: Das einzige Mittel gegen rechte autoritäre Regierungen ist die Organisierung der breiten Arbeiterklasse in einer eigenen Organisation, unabhängig von der Bourgeoisie.
Aus der Sackgasse ausbrechen
Diese Lösung ist heute so realistisch wie nie. Zunehmende Radikalisierung führt dazu, dass heute nur noch jeder zehnte Erwachsene an das Zwei-Parteien-System glaubt. Und sechs von zehn würden eine dritte Partei bevorzugen. Doch anstatt aktiv an einem Ausweg aus dieser lähmenden Situation zu arbeiten, lenkt das Zweiparteiensystem die Unzufriedenheit zielsicher zurück auf das Abstellgleis des sogenannt kleineren Übels. Vier Jahre später findet man sich im exakt gleichen Dilemma. Das kleinere Übel ist keine Lösung, im Gegenteil: Es vertieft Polarisierung und Frustration!
Die Arbeiterklasse kann von den zwei bürgerlichen Parteien nichts erwarten. Ihre Probleme kann sie nur selber lösen. Dazu braucht sie eine eigene Partei, gestützt auf die Lohnabhängigen. Mit Sanders‘ Kapitulation haben wir eine Chance verpasst, doch wird sie nicht die letzte gewesen sein. Die Aufgabe der Revolutionäre in den USA ist es, die Gewerkschaften den Fängen der Demokraten zu entreissen und damit den Grundstein für eine Massenpartei der Lohnabhängigen zu legen. Dies wird über kurz oder lang geschehen. Unsere Aufgabe ist es, diesen Prozess zu verkürzen!
Wie kann die BLM- Bewegung erfolgreich sein und wie können wir ein für alle Mal den Rassismus oder jede andere Art von Unterdrückung und Ausbeutung und die Polizeigewalt beenden?
Diese und weitere Fragen werden wir gemeinsam in unserer heutigen Veranstaltung klären, und einen coolen Einblick in die Lage in den USA erhalten!
Heute, 19.00
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